VW-Aktionäre klagen gegen Zulieferer

Am Karlsruher Bundesgerichtshof ist für den 20. Juli 2021 um 10 Uhr der Verhandlungstermin in Sachen II ZR 152/20 (Schadensersatzanspruch gegen den Zulieferer der in den Dieselfahrzeugen des Volkswagen-Konzerns verbauten Software) anberaumt. Der u.a. für das Kapitalmarktrecht zuständige II. Zivilsenat hat zu entscheiden, ob Aktionären der Volkswagen AG wegen Beihilfe zu einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Information des Kapitalmarkts Schadensersatzansprüche gegen den Zulieferer der in Dieselfahrzeugen verbauten Software zustehen.

Sachverhalt: Die Kläger erwarben im Dezember 2013 Vorzugsaktien der Volkswagen AG für gut 12.000 €. Am 03. September 2015 räumte die Volkswagen AG gegenüber US-amerikanischen Behörden ein, eine Software in ihren Dieselfahrzeugen verbaut zu haben, die erkennt, ob sich das Fahrzeug in einem Prüfzyklus zur Ermittlung von Emissionswerten befindet. In diesem Fall schaltete das System in einen Modus, der eine höhere Abgasrückführungsrate und damit einen geringeren Ausstoß an Stickoxiden bewirkt. Dadurch ergeben sich auf dem Prüfstand geringere Stickoxid-Emissionswerte als im normalen Fahrbetrieb. Im September 2015 veräußerten die Kläger die Aktien für rund 8.500 €. Wenige Tage später informierte die Volkswagen AG durch Ad-hoc-Mitteilungen den Kapitalmarkt erstmals über die Verwendung der Software.

Die Beklagte lieferte der Volkswagen AG die Software. Die Kläger begehren von ihr Ersatz des Unterschiedsbetrags zwischen ihren Erwerbsaufwendungen und dem Veräußerungserlös. Sie legen der Beklagten zur Last, durch die Softwarelieferung Beihilfe zur unterbliebenen bzw. nicht rechtzeitigen Information des Kapitalmarkts durch die Volkswagen AG geleistet und sie dadurch geschädigt zu haben.

Bisheriger Prozessverlauf: Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Landgericht Stuttgart hat aber in seinem Urteil vom 22. Juli 2020 – Az.: 5 S 11/20 – offen gelassen, ob die Volkswagen AG ein beihilfefähiges Kapitalmarktdelikt begangen hat. Nach Auffassung des Gerichts hat die Beklagte durch die Lieferung der Software schon objektiv keine Hilfe zur Begehung eines solchen Delikts geleistet. Es sei nicht erkennbar, dass die Beklagte die Volkswagen AG in ihrem Entschluss zum Verschweigen des Softwareeinsatzes bestärkt habe. Zudem fehle es an einem ausreichenden deliktischen Sinnbezug der Softwarelieferung zu einem ihr nachfolgenden Kapitalmarktdelikt der Volkswagen AG.

Das Defeat-Device bei Dieselmotoren (Abschalteinrichtung) machte es möglich, dass die Technik zwischen einem „sauberen“ und einem „dreckigen Modus“ umschalten kann. Im schlimmsten Falle steigt der Stickoxid-Ausstoß um das bis zu 40-dache. Nachdem der Skandal bekannt wurde, nahmen die Behörden Ermittlungen auf. Es stellt sich heraus, dass nicht nur VW, sondern auch Audi, Porsche, Daimler und andere Marken betroffen waren. Lieferant der Software für VW soll u.a. Bosch gewesen sein. Quelle: Bundesgerichtshof / DMM