Schon jetzt ist vorauszusehen, dass sich die Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren drastisch verschärfen wird: Auf der einen Seite werden Mitarbeitende infolge vermehrten Einsatzes von KI und ML wohl zu hunderttausenden entlassen. Auf der anderen Seite drohen Fluktuationswellen, weil Arbeitnehmende freiwillig das Handtuch werfen. Letzteres beunruhigt vor allem Arbeitgeber, die sich im Kampf um neue Fachkräfte aktuell mit großer Konkurrenz messen müssen. Ein Beispiel ist die Technologiebranche. Dafür lohnt sich ein Blick auf die Payscale-Studie.
Der Report betont, dass Jobs in den genannten Branchen häufig zu denen gehören, die dazu führen, dass Arbeitnehmende sich unzufrieden oder ausgebrannt fühlen. Erwähnt wird in diesem Zusammenhang zum Beispiel der Trend des Qiet Quittings, demzufolge Beschäftigte lediglich „Dienst nach Vorschrift“ ausrichten, sich ansonsten jedoch zurückziehen, um zum Beispiel pünktlich Feierabend zu machen und auch nicht mehr erreichbar sind.
Auf dem ersten Platz der Jobs, die im Jahr 2023 am ehesten gekündigt worden sind, steht der Senior Kundenberater. Wer in dieser Positionen arbeite, könne zwar ein sehenswertes Gehaltswachstum erreichen, aber auch der Stress wachse mit – und damit die Unzufriedenheit. Da erscheint es nur logisch, über einen Hob- oder Branchenwechsel nachzudenken.Ähnliches gilt für den Bereich Technologie. Die Verdienstaussichten sind im Vergleich mit anderen Jobs derzeit überdurchschnittlich gut. Doch der Fachkräftemangel im IT-Bereich führt regelmäßig zu einem hohen Arbeitspensum mit deutlicher Überlastung. Weil gut ausgebildete Fachkräfte jetzt mehr verlangen können, können sie sich nach neuen Arbeitgebern mit attraktiveren Arbeitsbedingungen umschauen und ihren jetzigen Job aufgeben. Verlockend wären z.B. ein höheres Gehalt oder deutlich weniger Arbeitsstunden für Fachkräfte, die dringend einen Ausgleich brauchen.
Auffällig ist auch die Entwicklung im Bereich HR: Hier wird sichtbar, dass die Bereitschaft, den aktuellen Job aufzugeben, stetig wächst. Fachkräfte im Personalwesen haben es mit einer hohen Stressbelastung zu tun. Untersuchungen zeigen, dass über 80 % der Personalverantwortlichen sowie HR-Führungskräfte Burnout-gefährdet sind.
Laut Payscale-Report werden Arbeitnehmer diese Jobs am häufigsten aufgeben:
- Senior Kundenberater
- Softwareentwicklungsmanager
- Kreativdirektor/kreativer Leiter
- Produktionsmanager im verarbeitenden Gewerbe
- PR-Spezialist
- Medizinische Kodierfachkraft
- Personalsachbearbeiter
- Customer Success Manager
- Ingenieur für Regelungstechnik
- HR-Spezialist
- Vorstandsassistent
Wechselgründe:
- Zu wenig Gehalt. Eine aktuelle softgarden-Studie unterstreicht die Annahme, dass ein Jobwechsel u.a. mit der Begründung einer zu niedrigen Bezahlung erfolgt. Rund 62 % der Studienteilnehmer, die sich aus einem derzeit noch bestehenden Arbeitsverhältnis heraus bei einem anderen Unternehmen bewerben, tun dies mit der Hoffnung auf einen besseren Lohn. Die gerade in Deutschland stark steigenden Lebenshaltungskosten sprechen dafür, sich auf dem Jobmarkt umzuschauen.
- Kaum Karriere-Chancen. Bescheidene Karriereaussichten treiben immer mehr Beschäftigte in die Arme anderer Arbeitgeber: Wer aktuell unzufrieden ist und keine Hoffnung hat, sich beruflich weiterentwickeln zu können, wird den Job wohl wechseln. Zumindest geben das etwa 52 % der Befragten in der Jobwechsel-Studie an. Häufig entsteht eine akute Perspektivlosigkeit für Beschäftigte, die keine Möglichkeit sehen, mehr Verantwortung, eine bessere Position oder Anerkennung in Form einer Beförderung zu erhalten.
- Der Chef bzw. Vorgesetzte sind oft schuld. Die Umfrage hat weiter ergeben, dass 50 Prozent derjenigen, die ohne neue Jobzusage gekündigt haben, angeben, dass die Unzufriedenheit mit dem eigenen Chef der Grund ist. Häufige Probleme mit dem Boss sind Unnahbarkeit, toxische Mitarbeiterführung oder autoritäre Hierarchiene.
- Der Job bietet wenig Sinnhaftigkeit und Identifikation. Ein weiter Grund für den Jobwechsel ist, dass Arbeitnehmer sich nicht mit dem „Unternehmenszweck“ verbinden können. Wenn Sinn und Identifikation fehlt, ist es schwierig, die Lust an der Arbeit aufrechtzuerhalten. Im Umkehrschluss zeigt das, wie wichtig es geworden ist, dem Job einen größeren Wert als nur den des Geldverdienens zuzuschreiben. Gemeinsame Werte und der innere Antrieb, den Job weiter auszuführen, sind in solchen Fällen nur selten vorhanden.
- Fehlende Work-Life-Balance. Generell hapert es in deutschen Unternehmen mit der Work-Life-Balance. Rund 26 % der Befragten in der softgarden-Umfrage gaben dies als Begründung für einen Jobwechsel an. Es verwundert nur wenig. Der Begriff „Work-Life-Balance“ ist vor allem präsent, seit Generation Y immer wichtiger für den Arbeitsmarkt geworden ist. Arbeits- und Privatleben sollen gut miteinander vereinbart werden können – so die Idee. In der Praxis arbeiten viele Beschäftigte jedoch mehr, als sie es sich wünschen. Häufiger Grund hierfür ist fehlendes Personal, sodass der Fachkräftemangel auch zu einer Belastung für aktuell Beschäftigte wird.
Quelle: arbeits abc / DMM