Was bedeutet die Corona-Krise für die Geschäftsreise-Branche?

Die Coronakrise hat Ende 2019 in China ihren Ausgangspunkt genommen. Im Frühjahr 2020 sind auch in anderen entwickelten Volkswirtschaften hohe und rapide wachsende Fallzahlen des Coronavirus (COVID-19) zu verzeichnen gewesen. In den betroffenen Ländern, darunter Deutschland, wurde sowohl einen Angebotsschock als auch einen Nachfrageschock ausgelöst. Der wirkt sich ganz besonders dramatisch auf den Toruismus, den geschäftlichen wie privaten aus.

Die Vereinigten Staaten, China, Japan, Deutschland, das Vereinigte Königreich, Frankreich und Italien repräsentieren zusammen 60 % der weltweiten Wirtschaftstätigkeit (Bruttoinlandsprodukt), 65 % der weltweiten Industrieproduktion und 41 % der weltweiten Güterexporte. Deutschland ist von den Entwicklungen in besonderem Maße betroffen. Denn als offene Volkswirtschaft, die intensiv in die globalen Wertschöpfungsketten eingebunden ist, ist es stärker als andere Länder von den wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus gefährdet.

Die Coronakrise ist ein wirtschaftlicher Schock für die Bundesrepublik, dessen Ausmaß alles in den Schatten stellt, was die Weltwirtschaft seit dem Zweiten Weltkrieg an Krisen erlebt hat. Ein Vergleich zur Finanzkrise zeigt, dass die Coronakrise mehr Länder, so auch China, umfasst und der bisherige Verlauf andersartig ist.

Wie stark die Wirtschaftstätigkeit eingeschränkt ist, ist von Branche zu Branche unterschiedlich. So ist zum Beispiel der Tourismus entlang der gesamten Wertschöpfungskette beinahe zum Erliegen gekommen, weil Grenzen geschlossen und Veranstaltungen untersagt worden sind. Und die Reisebranche kommt nur langsam wieder in Fahrt, zumal sich die befürchtete zweite Corona-Welle nun auch in Deutschland andeutet.

Aktuelle Szenarien und Prognosen gehen von einer tiefen Rezession aus, die umso gravierendere Auswirkungen haben wird, je länger die jetzt beschlossenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens anhalten. TUI z.B. braucht trotz Milliardenspritze durch den Steuerzahler wohl einen „Arzt“. Die 1,8 Mrd. Euro Hilfe der KfW reicht voraussichtlich nur für wenige Monate und dies auch nur deshalb, weil TUI durch den Teilverkauf der Kreuzfahrtreederei Hapag-Lloyd rund 2,7 Mrd. Euro eingenommen hat.

Seit Kurzem steht Europas größter Reiseveranstalter Unter strenger Beobachtung der Rating-Agenturen. Sie sehen inzwischen bei den Hannoveranern  das substanzielle Risiko eines Zahlungsausfalls. S&P rechnet bei Tui mit einer Cash-Burn-Rate von monatlich 650 Mio. Euro. Im Herbst dürfte die TUI wieder finanzielle am Ende sein. Der Umsatz des Reise-Riesen wird im laufenden Jahr laut Moody’s mindestens um 50 % einbrechen, weil viele Deutsche Flug- und Pauschalreisen meiden. Erst recht, weil Insbesondere die Rückzahlung an- oder sogar voll bezahlter Kundengelder für ausgefallene Reisen bei vielen die Liquidität aufgezehrt hat. Das kranke System der Reisewirtschaft inklusive Luftfahrt, Reisen und Flüge lange im Voraus bezahlen zu müssen, sprich, den Airlines und Reiseveranstaltern bzw. Reisebüros Kredit für Null Zinsen zu geben, schlägt nun voll zurück. Mindestens vier deutsche Reiseveranstalter beantragten bereits in den vergangenen Wochen das Insolvenzverfahren. Die Nummer drei der Branche, der Münchener Urlaubkonzern FTI, wird aktuell nur durch einen Staatskredit am Laufen gehalten.

Wenn im Oktober 2020 das Moratorium, das die Bundesregierung Unternehmen für die Anmeldepflicht von Insolvenzen gewährt hat, endet, kommt die Wahrheit ans Licht. Viele der ca. 10.000 Reisebüros werden dann Pleite sein.  Das von Berlin angekündigte Hilfspaket wird längst nicht alle retten. Denn wer schon 2019 keinen Gewinn vorweisen konnte, geht leer aus. Zudem sind die Hilfssummen auf maximal 150.000 Euro beschränkt, was insbesondere für größere Ketten kaum ausreichen dürfte.

Ähnlich miese Stimmung herrscht im Hotelgewerbe. Den Hotels fehlen unter der Woche vor allem die Geschäftsreisenden und Firmentagungsgäste. Der Hotelverband IHA schätzt, dass 30 % der Hotelunternehmen Insolvenz anmelden müssen, das wären etwa 10.000. Hinzu kommt, dass viele Hotels jetzt die gestundeten Mieten oder Pachten nachzahlen müssen, was die meisten nicht können. Verpächter können ihre Forderungen einklagen, titulieren lassen und diese mit 9 % pro Jahr über dem Basiszins vollstrecken. Letztlich steht vor allem die Veranstaltungswirtschaft vor dem Aussterben. Die Branche benötigt echte finanzielle Hilfe  statt Kreditprogramme, sonst kommt eine riesige Insolvenzwelle. Quelle: ifo / Handelsblatt / S&P / DMM