Was darf in Deutschland die Polizei bei Verkehrskontrollen?

Nahezu jeder automobile Geschäftsreisende hat es schon einmal erlebt: Mit den manchmal mehr, manchmal weniger freundlichen Worten „Personen- und Fahrzeugkontrolle, die Papiere bitte“ wird man angehalten. Meist gestaltet sich die Kontrolle problemlos und man führt nach kurzer Zeit seine Fahrt fort. Doch wie verhält man sich, wenn die Verkehrskontrolle zu eskalieren droht? Vollkommen andere Gepflogenheiten, die zudem vom Gesetz gedeckt sind, herrschen in nahezu allen anderen Ländern der Welt. Dort, z.B. in Österreich oder der Schweiz, erwarten einen mehr oder weniger automatisch sehr hohe Geldstrafen, in den USA auch sofortige Verbringung in ein Gefängnis, wenn man nicht kooperativ ist.

Der oberste Grundsatz dabei ist: freundlich bleiben, freundlich bleiben und nochmals freundlich bleiben – auch wenn der Polizeibeamte nicht ganz so freundlich aufzutreten scheint. Welche Rechte und Möglichkeiten die Polizeibeamten aber während einer Verkehrskontrolle haben, liegt größtenteils nicht im Ermessen der Beamten. Vielmehr sind die Grenzen des Zulässigen relativ klar definiert.

Die Durchführung von Personen- und Fahrzeugkontrollen ist der Polizei jederzeit, überall und vor allem auch ereignisunabhängig im öffentlichen Straßenverkehr gestattet. Die gesetzliche Grundlage hierzu findet sich in § 36 Abs. 5 StVO: „Polizeibeamte dürfen Verkehrsteilnehmer zur Verkehrskontrolle einschließlich der Kontrolle der Verkehrstüchtigkeit und zu Verkehrserhebungen anhalten. …“

Erlaubt ist i.d.R. einerseits die Überprüfung der Fahrzeugpapiere und des Fahrzeugs selbst im Hinblick auf die Verkehrssicherheit (z.B. die Bereifung einschließlich Profiltiefe,  Beleuchtung etc.). Andererseits ist die Kontrolle des Fahrzeugführers im Rahmen der Verkehrskontrolle zulässig, was meist durch Überprüfung des Führerscheins und/oder des Ausweises geschieht. Darüber hinaus wird der Fahrzeugführer – und das stellt i.d.R. den Hauptteil der Personenkontrolle dar – auf Fahrtüchtigkeit hin überprüft.

Ohne Zustimmung des Fahrzeugführers ist der Polizei jedoch ein Blick in den Kofferraum, das Handschuhfach oder mitgeführte Gepäckstücke ohne einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss üblicherweise nicht gestattet.

Überprüfung der Fahrtüchtigkeit/Mitwirkung an Tests. Zur Überprüfung der Fahrtüchtigkeit bzw. der Verkehrstauglichkeit des Fahrzeugführers greift die Polizei fast immer auf Atemalkoholtests oder Drogenschnelltests zurück. Zur Teilnahme an einem derartigen Test ist der Fahrzeugführer jedoch nicht verpflichtet, sie ist freiwillig. Für ein mögliches Strafverfahren wären die Ergebnisse dieser Tests ohnehin nicht von Relevanz, weil das Ergebnis nach ganz überwiegender Rechtsprechung keine Beweiskraft hat. Sofern bei der Kontrolle in Deutschland der Fahrzeugführer den Polizeibeamten aufgrund seines Verhaltens oder aufgrund Umständen, die in der Person des Fahrzeugführers gesehen werden können (etwa gerötete Augen, erweiterte oder eingeengte Pupillen, lallende Sprache) begründeten Anlass für den Anfangsverdacht einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit gibt, darf die Polizei eine Blutentnahme anordnen, die nach der Neufassung der Regelung in § 81 a StPO unter bestimmten Voraussetzungen – insbesondere im Fall des Verdachts einer Trunkenheitsfahrt – nunmehr auch ohne richterliche Anordnung möglich ist.

Gegen Blutentnahme nicht wehren! Freiwillig sollte sich ein Fahrzeugführer nur dann einer Atemalkoholmessung oder einem Drogen-Schnelltest unterziehen, wenn er sich zu 100 % sicher ist, keinen Alkohol/keine Drogen konsumiert zu haben. Anderenfalls sollten die Tests verweigert werden, dann jedoch mit dem Risiko, dass eine Blutentnahme angeordnet wird. Wird die Blutentnahme angeordnet und durchgeführt, sollte dies kooperativ erfolgen, insbesondere ist dringend davon abzuraten, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Nicht selten führt die Blutentnahme und die anschließende Blutuntersuchung zu einem völlig harmlosen Ergebnis, der Widerstand gegen die Blutentnahme jedoch zu einem Ermittlungsverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.

Kontrolle im Ausland. Andere Sitten herrschen in Österreich und sie sind dort auch vom Gesetz gedeckt: Wer sich dort weigert, beim Test mitzuwirken, dem wird automatisch ein Blutalkoholpegel von 1,6 Promille unterstellt mit der Folge, den Führerschein für längere Zeit umgehend abgeben und eine hohe Geldstrafe bezahlen zu müssen. Auch in der Schweiz darf man sich unter keinen Umständen gegen Atemalkoholtests oder Drogenschnelltests wehrten. Ansonsten erwarten einen automatisch Strafen von mehreren Tausend Franken bzw. Euro. Ruppiger kann es in den USA werden. Wird man dort von einem Sheriff gestoppt und weigert sich gegen eine Blutalkoholkontrolle, wird ma automatisch festgenommen und ins nächste Gefängnis gesteckt. Die Richter kennen genrell kein Erbarmen und verdonnern einen zu mehrmonatigen Haftstrafen bzw. sehr hohen Geldstrafen.

Nicht mitwirken sollte man in Deutschland hingegen an den Tests, die im Rahmen der Blutentnahme vom blutabnehmenden Arzt durchgeführt werden. In nur wenigen Fällen stellen sich die Ergebnisse für den Betroffenen als vorteilhaft heraus, meist sind sie nachteilig oder nicht relevant. Auch an Urinkontrollen zur Überprüfung eines möglichen Drogenkonsums sollte man, wenn man sich nicht restlos sicher ist, in den letzten Tagen keine Betäubungsmittel konsumiert zu haben, nicht freiwillig mitwirken. Die Nachweisbarkeit von Betäubungsmitteln im Urin dauert i.d.R. wesentlich länger als die Nachweisbarkeit im Blut. Wenn also eine Blutuntersuchung schon zu einem negativen Ergebnis führt (also keine Nachweisbarkeit von Betäubungsmitteln), könnte dies bei der Untersuchung des Urins (noch) anders aussehen.

Anfangsverdacht einer Straftat. Ergibt sich im Rahmen der Verkehrskontrolle der Anfangsverdacht einer Straftat, kann die Polizei unter bestimmten Voraussetzungen – insbesondere dann, wenn Gefahr im Verzug vorliegt – dazu berechtigt sein, die Person des Fahrzeugführers und das Fahrzeug zu durchsuchen. Die Voraussetzungen hierzu sind jedoch stets vom Einzelfall abhängig und von Fall zu Fall individuell zu überprüfen. Wer in diese Situation gerät, sollte anwaltlichen Rat einholen. Quelle: www.anwalt.de > Udo Reissner, Strafverteidiger, Fachanwalt für Verkehrsrecht, ADAC-Vertragsanwalt / DMM