Wie gefährlich ist der Diesel wirklich?

Die US-Behörden CARB (California Air Resources Board) und EPA (Environmental Protection Agency) haben die Öffentlichkeit in den USA darüber informiert, dass bei Abgastests an Fahr‎zeugen mit Dieselmotoren des Volkswagen Konzerns Manipulationen festgestellt worden sind und damit gegen amerikanische Umweltgesetze verstoßen worden ist. Diese Nachricht schlug auf der IAA wie eine Bombe ein. Sie ist ausgerechnet für die in Deutschland höchst beliebte Dieselmotorisierung ziemlich übel und in den USA könnte sie zum Verbot aller Pkw-Selbstzünder führen. In deutschen Firmenflotten sind übrigens Geschäftswagen zu mehr als 90 % mit Dieselantrieben ausgestattet, wobei sich so gut wie kein Mobilitätsmanager oder Freiberufler Gedanken über die möglichen Auswirkungen dieser Art von Aggregaten macht.

Der Volkswagenkontern sieht sich heftigen Manipulations-Vorwürfen aus USA ausgesetzt. Foto: Volkswagen of America

Am Sonntag (20. September 2015) Nachmittag reagierte der Vorstand der Volkswagen AG. Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Martin Winterkorn nimmt die festgestellten Verstöße sehr ernst: „Ich persönlich bedauere zutiefst, dass wir das Vertrauen unserer Kunden und der Öffentlichkeit enttäuscht haben. Wir arbeiten mit den zuständigen Behörden offen und umfassend zusammen, um den Sachverhalt  schnell und transparent vollumfänglich zu klären. Hierzu hat Volkswagen eine externe Untersuchung beauftragt.

Klar ist: Volkswagen duldet keine Regel- oder Gesetzesverstöße jedweder Art. Das Vertrauen unserer Kunden und der Öffentlichkeit ist und bleibt unser wichtigstes Gut. Wir bei Volkswagen werden alles daran setzen, das Vertrauen, das uns so viele Menschen schenken, vollständig wiederzugewinnen und dafür alles Erforderliche tun, um Schaden abzuwenden. Die Geschehnisse haben für uns im Vorstand und für mich ganz persönlich höchste Priorität.“  

Wie nahezu alle bedeutenden US-Medien berichten, soll Volkswagen mittels einer ganz besondere Software offizielle Messungen des Schadstoffausstoß’ bei Dieselfahrzeugen des Konzerns (betrifft alle Konzernmarken, die auch in den USA vertrieben werden) manipuliert haben. Dies jedenfalls will die Environmental Protection Agency (Epa) in Washington festgestellt haben.

Wörtlich heißt es auf epa.org: „The VW cars under investigation emit up to 40x the national standard for nitrogen oxide, which is linked to asthma & lung illnesses. EPA is issuing a notice of violation (NOV) of the Clean Air Act (CAA) to Volkswagen AG, Audi AG, and Volkswagen Group of America, Inc. (collectively referred to as Volkswagen). The NOV alleges that four-cylinder Volkswagen and Audi diesel cars from model years 2009-2015 include software that circumvents EPA emissions standards for certain air pollutants. California is separately issuing an In-Use Compliance letter to Volkswagen, and EPA and the California Air Resources Board (CARB) have both initiated investigations based on Volkswagen’s alleged actions. “Using a defeat device in cars to evade clean air standards is illegal and a threat to public health,” said Cynthia Giles, Assistant Administrator for the Office of Enforcement and Compliance Assurance. “Working closely with the California Air Resources Board, EPA is committed to making sure that all automakers play by the same rules. EPA will continue to investigate these very serious matters.”

“Working with US EPA we are taking this important step to protect public health thanks to the dogged investigations by our laboratory scientists and staff,” said Air Resources Board Executive Officer Richard Corey. “Our goal now is to ensure that the affected cars are brought into compliance, to dig more deeply into the extent and implications of Volkswagen’s efforts to cheat on clean air rules, and to take appropriate further action.” As described in the NOV, a sophisticated software algorithm on certain Volkswagen vehicles detects when the car is undergoing official emissions testing, and turns full emissions controls on only during the test. The effectiveness of these vehicles’ pollution emissions control devices is greatly reduced during all normal driving situations. This results in cars that meet emissions standards in the laboratory or testing station, but during normal operation, emit nitrogen oxides, or NOx, at up to 40 times the standard.

The software produced by Volkswagen is a “defeat device,” as defined by the Clean Air Act. The Clean Air Act requires vehicle manufacturers to certify to EPA that their products will meet applicable federal emission standards to control air pollution, and every vehicle sold in the U.S. must be covered by an EPA-issued certificate of conformity. Motor vehicles equipped with defeat devices, which reduce the effectiveness of the emission control system during normal driving conditions, cannot be certified. By making and selling vehicles with defeat devices that allowed for higher levels of air emissions than were certified to EPA, Volkswagen violated two important provisions of the Clean Air Act. EPA and CARB uncovered the defeat device software after independent analysis by researchers at West Virginia University, working with the International Council on Clean Transportation, a non-governmental organization, raised questions about emissions levels, and the agencies began further investigations into the issue. In September, after EPA and CARB demanded an explanation for the identified emission problems, Volkswagen admitted that the cars contained defeat devices.

NOx pollution contributes to nitrogen dioxide, ground-level ozone, and fine particulate matter. Exposure to these pollutants has been linked with a range of serious health effects, including increased asthma attacks and other respiratory illnesses that can be serious enough to send people to the hospital. Exposure to ozone and particulate matter have also been associated with premature death due to respiratory-related or cardiovascular-related effects. Children, the elderly, and people with pre-existing respiratory disease are particularly at risk for health effects of these pollutants. VW may be liable for civil penalties and injunctive relief for the violations alleged in the NOV.

The allegations cover roughly 482,000 diesel passenger cars sold in the United States since 2008. Affected diesel models include:

  • Jetta (Model Years 2009 – 2015)
  • Beetle (Model Years 2009 – 2015)
  • Audi A3 (Model Years 2009 – 2015)
  • Golf (Model Years 2009 – 2015) • Passat (Model Years 2014-2015).

It is incumbent upon Volkswagen to initiate the process that will fix the cars’ emissions systems. Car owners should know that although these vehicles have emissions exceeding standards, these violations do not present a safety hazard and the cars remain legal to drive and resell. Owners of cars of these models and years do not need to take any action at this time."

Zusammengafsst und auf deutsch: Die Amerikaner sprechen vom bewussten Umgehen ihrer Klimaschutzstandards. Sie stellen fest, dass das Vorgehen der Volkswagen AG, der Audi AG und der Volkswagen Group of America, Inc. betreffend die Manipulation illegal sei und eine Bedrohung der öffentlichen Gesundheit darstellt. Wie es in der EPA-Mitteilung (siehe oben) heißt, erkennt die Volkswagen-Software, wann eines ihrer Fahrzeuge einem Abgastest unterzogen wird und aktiviert dann sosofrt ein System, das die tatsächlichen Schadstoffgrenzwerte erheblich minimiert. Auf der Straße hingegen betrgen die Schadstoffwerte z.B. bei Stickoxiden das bis zu 40-fache.

Inzwischen hat Europas größter Autobauer den Vorwurf der EPA eingestanden 8siehe Reaktion des Vorstands, oben) Meldungen einer deutschen Nachrichtenagentur, wonach VW eine Strafe bis zu 18 Mrd. US-Dollar drohen könnte, sind reine Spekulation und vermutlich Erfindung der Reporter des Nachrichtendiensts.

Indes ist in gut informierten Kreisen zu hören, dass der deutschen Dieseltechnologie mit der Manipulation ein heftiger Schlag versetzt worden sein könnte. Getroffen werden könnten u.a. auch andere deutsche Premiumautobauer, die seit Jahren versuchen, ihre Dieselfahrzeuge n den USA hoffähig zu machen mit dem Argument, Dieselantriebe beruhten auf einer sauberen Technologie.  

Zur Eröffnung der IAA meldete sich u.a. auch die Deutsche Umwelthilfe (DUJ) mit harschesten Vorwürfen betreffend den Dieselantrieb zu Wort: Die DUH will am liebsten, dass deutsche Gerichte ein Fahrverbot für Diesel-Pkw in Deutschland aussprechen. Begründung: Das (oben von der EPA festgestellte) Problem bestehe nicht nur in den USA, sondern auch in Europa, wo die Abgasbelastung durch Dieselantriebe angeblich geschönt wird.

So wies die DUH zum Beginn der IAA in Frankfurt mit dem Slogan „Diesel-Abgase töten“ und einer riesigen Autoattrappe auf die nach iher Ansicht schmutzigen Diesel-Neufahrzeuge hin – Euro-6-Pkw deutscher Hersteller stoßen bis zu 25mal mehr Diesel-Abgasgifte aus als erlaubt – Viele zehntausend Menschen sterben jährlich in Deutschland an den Folgen der Luftverschmutzung vor allem durch Dieselmotoren. Die DUH wirft den deutschen Autobauern vor, minderwertige Katalysatoren, die auf der Straße bis zu 25 mal höhere Schadstoffmengen emittieren als erlaubt“, in ihre Fahrzeuge einzubauen. Und sie kritisiert die Bundesregierung, die auf jegliche Kontrollen verzichtet. Dies sei umso unverständlicher, da sich die realen Abgaswerte immer mehr von den Vorschriften entfernen. Die durch sie verursachten verheerenden gesundheitlichen Folgen treffen vor allem Kinder, ältere Menschen und Kranke. Die DUH weiter: Seit zehn Jahren werden die Grenzwerte für das besonders gesundheitsgefährdende Dieselabgasgift Stickstoffdioxid in der Atemluft deutscher Städte massiv überschritten. Dennoch werden bis heute keine ausreichend wirksamen Maßnahmen ergriffen.

In einem der DUH vorliegenden Schreiben der EU-Kommission vom 18. Juni 2015 zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens kritisiert die EU-Kommission massiv das Eintreten Deutschlands für schmutzige Diesel-Pkw und die aktive Verwässerung zukünftiger Abgasstandards auf EU-Ebene durch die deutsche Bundesregierung. Dass es auch anders geht, belegen die Exportmodelle für den nordamerikanischen Markt. Die dortigen Behörden trauen den Autokonzernen nicht und überprüfen deshalb die Emissionen im Realbetrieb. Die Fahrzeuge von Daimler, VW und BMW erhalten deshalb für den US-Markt eine bessere, im Realbetrieb funktionierende Abgasreinigung. Kurzfristig sollen laut DUH auch in Deutschland nur noch Diesel-Pkw ausgeliefert werden dürfen, die mit einer auf der Straße funktionstüchtigen Abgasreinigung analog zu den US-Modellen ausgestattet sind. Und alle ausgelieferten Euro-6-Diesel-Pkw sollten nach den Vorstellungen der DUH wegen nicht funktionstüchtiger Abgasreinigung zurückgerufen und nachgerüstet werden.

Übrigens stellt sich das Problem der Diesel bei den Lkw weltweit noch um ein Vielfaches schlimmer dar. Normalerweise dürfte überhaupt kein Lkw mehr auf den Straßen zugelassen werden, wie Umweltexperten meinen. Quellen: Volkswagen AG / EPA / DUH / DMM