Zu beachten bei Geschäftsreisen in Pandemiezeiten

Wer geimpft ist, soll wieder reisen können – auch geschäftlich. Doch ganz so einfach ist es nicht. Beide Seiten müssen gewisse Rechte und Pflichten einhalten.

Mit den zunehmenden Impfungen in vielen Ländern und dem voraussichtlich ab Anfang Juli 2021 erhältlichen digitalen Impfzertifikat dürften Geschäftsreisen langsam wieder anziehen. Andererseits gab es schon während den Hochzeiten der Pandemie Geschäftsreisende, die Dienstreisen, ggf. auch ins Ausland antreten mussten und derzeit auch müssen. Können die von ihrem Arbeitgeber dazu verpflichtet werden? Welche Vorkehrungen müssen dafür getroffen werden? Diese und weitere Fragen beantwortet Dr. Michael Fuhlrott, Arbeitsrechtler und Professor an der Hochschule Fresenius in Hamburg. 

Darf ein Mitarbeiter eine Geschäftsreise in ein Land mit hohen Corona-Infektionsraten ablehnen? Die Anweisung einer Dienstreise ist grundsätzlich vom Direktionsrecht des Arbeitgebers (§ 106 GewO) gedeckt. Im Einzelfall ist jeweils abzuwägen, wie hoch das Risiko für den Arbeitnehmer ist. Ist die Dienstreise besonders wichtig, weil der Arbeitnehmer zum Beispiel eine für das Unternehmen besonders wichtige Transaktion abschließen muss, kann auch die Anweisung zur Reise in eine „gefährdete Region“ zulässig sein. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer aber natürlich schützen, etwa in dem er Sicherheitsmaßnahmen trifft und den Arbeitnehmer mit Verhaltensrichtlinien oder Schutzausrüstung versieht.

Eine Fluggesellschaft hat bei einem Flug bereits einen Blut-Schnelltest für Passagiere vor dem Boarding durchgeführt. Darf der Arbeitnehmer diesen Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit ablehnen, wenn dadurch die Reise ausfällt, ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen? Ein Blut-Schnelltest ist ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und – auch bei einem kleinen „Pieks“ ein Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Der Arbeitnehmer wird sich regelmäßig weigern können, eine solche Maßnahme zu erdulden. Er muss dann auch etwaige Stornokosten dem Arbeitgeber nicht erstatten. Gesundheitsmaßnahmen geringeren Umfangs, wie eine medizinische Befragung oder ein kontaktloses Fiebermessen wird der Arbeitnehmer hingegen hinzunehmen haben.

Darf ein Arbeitgeber Beschäftigte zwingen, sich in Deutschland einer Impfung zu unterziehen? Nein. Solange eine Impflicht –wie kürzlich für bestimmte Personengruppen für Masern eingeführt –nicht besteht, kann ein Arbeitgeber dies nicht von seinen Arbeitnehmern verlangen. Der Arbeitgeber darf natürlich mit dem Betriebsarzt gesundheitliche Aufklärung betreiben und hierzu aufrufen. Ein Arbeitnehmer, der sich weigert, muss aber keine Konsequenzen befürchten. Selbst wenn der Arbeitnehmer später an Sars-CoV-2 erkrankt, muss der Arbeitgeber grundsätzlich Entgeltfortzahlung leisten. Dies gilt auch, wenn dem Mitarbeiter bei der Ankunft am Reiseziel nur mit einer vor Ort durchzuführenden Coronaschutzimpfung die Einreise durch die lokalen Behörden erlaubt wird und er bei Weigerung unverrichteter Dinge zurückreisen muss.

Muss der Arbeitgeber bei Auslandsreisen deutscher Mitarbeiter sicherstellen, dass am Reiseziel die Vorgaben nach dem neuen Arbeitsschutzstandard COVID-19 des Bundesarbeitsministeriums erfüllt werden? Der Versicherungsschutz der Berufsgenossenschaften bei Arbeitsunfällen erstreckt sich zwar auch auf Dienstreisen ins Ausland. Der deutsche Arbeitsschutzstandard aber gilt für Betriebe in Deutschland, bei denen der Arbeitgeber auch die Möglichkeit hat, auf die Einhaltung der Vorschriften hinzuwirken. Im Ausland können die Vorschriften daher keine Geltung beanspruchen.

Wenn am Reiseziel eine Maskenpflicht besteht, muss der Arbeitgeber dem Mitarbeiter diese zur Verfügung stellen? Ja, wenn die Reise dienstlich veranlasst ist, muss der Arbeitgeber diese dem Arbeitnehmer zur Verfügung stellen. Ferner muss der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht geeignete Schutzmaßnahmen treffen. Hierunter wird –sofern dies etwa vom Betriebsarzt empfohlen wird –auch das Stellen von Desinfektionsgel für die Reise fallen. Mit den zunehmenden Impfungen in vielen Ländern und dem voraussichtlich ab Ende Juni erhältlichen digitalen Impfzertifikat dürften Geschäftsreisen langsam wieder anziehen. DMM