RAA: Effiziente Hilfe für Reisebüros

Mit der Überbrückungshilfe II des Bundes konnten Reisebüros in Deutschland eine wichtige finanzielle Unterstützung, zum Teil im sechsstelligen Bereich, erhalten. Die trägt spürbar dazu bei, dass die Unternehmen die gegenwärtige Krise überstehen. Es zeigte sich jedoch auch: Die Mittel aus der Überbrückungshilfe II reichten nicht aus, um alle Kosten der Reisemittler zu decken, wie jüngste Auswertungen der Travel Agency Accounting (TAA) zeigen.

Der in Großwallstadt beheimatete Spezialist für Back-Office-Services in der Reisebranche hat mehr als 250 Reisebüros (einschließlich verbundenen Unternehmen) bei der Beantragung der Überbrückungshilfe II unterstützt. Mit einem eigens von der TAA entwickelten Tool wurden alle relevanten Angaben zusammengetragen und aufbereitet, so dass die Steuerberater und Wirtschaftsprüfer der Reisebüros die Anträge bedenkenlos einreichen konnten. Wie bereits bei der Überbrückungshilfe I wurden alle von der TAA betreuten Anträge zu 100 % genehmigt. Das Gesamtvolumen der jetzt beantragten Auszahlungen lag bei mehr als 14 Mio. Euro.

„Für jedes einzelne Reisebüro, das wir im Rahmen der Überbrückungshilfe II betreuen durften, hat sich der Aufwand gelohnt“, berichtet Sören Schlosser, Leiter Consulting & Projektmanagement bei der TAA und im Unternehmen federführend für das Thema Überbrückungshilfen zuständig. „Die geringsten Auszahlungsbeträge lagen bei etwa 10.000 Euro für sehr kleine Reisebüros. Große konnten bis zu 150.000 Euro und mehr erhalten. In einzelnen Fällen hätten wir sogar siebenstellige Beträge erreicht. Diese konnten allerdings aufgrund der vom Bund vorgegebenen Deckelung von 50.000 Euro pro Monat nicht beantragt werden.“

Die durchschnittliche Gesamtförderung pro Unternehmen lag bei den von der TAA im Rahmen der Überbrückungshilfe II betreuten Reisebüros bei etwa 73.900 Euro. Aufgeschlüsselt nach Unternehmensgröße bedeutete dies:
•    Reisebüros mit bis zu fünf Mitarbeitern erhielten im Durchschnitt ca. 38.000 Euro.
•    Reisebüros mit sechs bis zehn Mitarbeitern erhielten im Durchschnitt ca. 78.000 Euro.
•    Reisebüros mit über zehn Mitarbeitern erhielten im Durchschnitt ca. 158.000 Euro.

Nur auf den ersten Blick erfreulich: Die Auszahlungsbeträge lagen damit höher als bei der Überbrückungshilfe I. Allerdings war der Bemessungszeitraum (September bis Dezember 2020) einen Monat länger. Heruntergebrochen auf einen Monat erhielten die Reisebüros im Schnitt rund 18.500 Euro, was einem Rückgang von fast 16 % gegenüber der Überbrückungshilfe I bedeutet – und das, obwohl nach Berechnungen der TAA die Umsätze und Erlöse der Reisebüros in dem Zeitraum um mindestens 80 bis 90 % gegenüber dem gleichen Monaten 2019 zurückgegangen waren; dies unabhängig davon, ob ein Reisebüro seinen Schwerpunkt in der Touristik oder im Bereich der Geschäftsreisen hat.

Sören Schlosser: „Die staatlichen Hilfen für die Reisebüros sind auf Dauer zu gering, daran werden auch die veränderten Konditionen der Überbrückungshilfe III wie der Wegfall der Deckelung nichts ändern. Selbst ein vollumfänglich genutztes Kurzarbeitergeld (KUG) und die Überbrückungshilfe zusammengenommen helfen den Reisebüros zwar in großem Maße, allerdings bleiben durchschnittlich fast 15 % der gesamten Kosten ohne Deckung. Und selbst das ist nur die Theorie, der Fehlbetrag stellt sich in den meisten Reisebüros in Wirklichkeit als viel größer dar. So werden personalbezogene Kostenpositionen zum Teil nur marginal gefördert und sind hier nicht enthalten. Die Realität zeigt zudem, dass Reisebüros Personal vorhalten müssen, um beispielsweise Umbuchungen und Stornierungen sowie die in diesem Zusammenhang stehenden nachgeordneten Arbeiten vorzunehmen, weshalb keine ganzheitliche Förderung über das KUG möglich ist. Die tatsächliche Deckungslücke kann daher, je nach Einzelfall, bei rund 20 bis 40 % liegen. Das heißt unterm Strich: Selbst Reisebüros, die vor der Krise kerngesund waren und vorausschauend gewirtschaftet haben, stehen mittlerweile an den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Belastbarkeit. Der Bund muss hier dringend nachsteuern, oder wir werden eine deutlich steigende Anzahl von Insolvenzen und Geschäftsaufgaben erleben.“

Auch bei der Überbrückungshilfe III ist fachliches Know-how unverzichtbar. Für die Überbrückungshilfe III ist für alle Reisebüros ebenfalls empfehlenswert, wieder die Hilfe von Fachleuten zu nutzen, die mit den Besonderheiten im Reisebüro vertraut sind. Stichworte sind hier zum Beispiel handelsrechtliche Abschreibungen, externe Ausfallkosten oder die besondere Personalkostenpauschale für die Reisebranche. Gerne unterstützt die TAA sowohl Steuerberater als auch Wirtschaftsprüfer, welche in diesem Bereich nicht über ausreichend Expertise verfügen, da es schnell geschieht, dass wesentliche Angaben unvollständig oder gar nicht gemacht werden. Das kann fatale Auswirkungen haben. Der TAA sind mehrere Fälle bekannt, bei denen Reisebüros im Rahmen der Überbrückungshilfe I deshalb Beträge von deutlich über 100.000 Euro entgangen sind.

Bisher nur geringes Buchungsaufkommen 2021. Ernüchternd fällt auch der Blick auf das bisherige Buchungsjahr 2021 aus. Denn obwohl mehrere Studien und Erhebungen unabhängig voneinander den Deutschen nach wie vor ein hohes Interesse am touristischen und geschäftlichen Reisen bescheinigen, liegen die Umsätze 2021 laut aktuellen Auswertungen der TAA bis dato noch sehr weit hinter denen von 2019 zurück. Aktuell erreicht das Buchungsvolumen im Reisevertrieb für die Monate Januar bis Juni 2021 (Touristik gemäß Abreise, Flüge gemäß Buchungsdatum) demnach gerade einmal 5,48 % des gleichen Zeitraums 2019. Bezogen aufs gesamte Jahr sind es sogar nur 4,5 %.

„Kaum ein Wirtschaftsbereich ist so hart von der Pandemie betroffen wie der Reiseverkehr. Wir hoffen sehr, dass spätestens der nächste Bund-Länder-Gipfel die Weichen für eine Öffnung des Reisens stellen wird“, so Sören Schlosser. „Wir haben in Deutschland das große Glück, über eine so breit aufgestellte Reisebranche zu verfügen wie kaum ein anderes Land weltweit. Wenn der Branche aber noch lange die so dringend benötigte Perspektive fehlt und zugleich die staatlichen Hilfen auf einem unzureichenden Niveau verbleiben, laufen wir Gefahr, diese Vielfalt zu verlieren.“ Quelle: TAA / DMM