Bloß keine neuen Flugzeuge mehr

Nicht nur in den Vereinigten Staaten braucht die Luftfahrtbranche, insbesondere die Zulieferer, den Steuerzahler als Retter in der Not. Auch in Europa ist die Situation vergleichbar. Airbus-Manager erbitten Staatshilfen in erster Linie für ihre Zulieferer. Denn viele von denen können nur wenige Wochen durchhalten und dann in die Insolvenz gehen, sollten sie keine finanzielle Unterstützung erhalten. Aktuell spüren Boeing, Airbus & Co. die Folgen der Coronapandemie. Kaum noch Flugbewegungen rund um den Globus, dafür Tausende geparkte Flugzeuge.

Die Lufthansa z.B. hat Bestellungen betreffend neue A350, Jets der A320neo-Familie, B 777-9, B787-9 Dreamliner laufen. Alle zehn Tage war die Übernahme eines neuen Jets geplant, doch brauchen kann LH nicht einen einzigen dieser Jets. Deshalb spricht Konzernchef Carsten Spohr mit den beiden Herstellern über das Verschieben von Auslieferungen und sogar Stornierungen. Denn Spohr geht davon aus, dass die Lufthansa nach Überwindung der Corona-Krise kleiner sein wird. Nicht anders sieht es bei so gut wie allen anderen Luftfahrtunternehmen weltweit aus. Auch die haben ihre Flotten vom Himmel geholt und parken sie an allen möglichen und unmöglichen Flughäfen. Und alle sprechen mit den beiden großen Flugzeugbauern über dasselbe Thema: Stornierungen, Verschiebungen, Zahlungsmodalitäten.

Hatten Boeing und Airbus im Spätherbst 2019 noch überaus optimistische Prognosen für den künftigen weltweiten Bedarf an Flugzeugen veröffentlicht, so müssen sie jetzt ihre Vorhersagen kassieren. Denn die Unsicherheit über die Nachfrage nach neuen Flugzeugen ist größer als je zuvor. Vor allem weiß niemand bei Boeing und Airbus, wie sich das Langstreckengeschäft 2021 und in den Folgejahren entwickeln wird. Insofern stehen viele Fragezeichen hinter den B777-X, den A350-1000 oder deren Derivate für Ultralangstrecken wie etwa Qantas‘ Sunrise-Projekt (Nonstop-Flüge von Australien nach USA und Europa, DMM berichtete).   

Nicht nur bei den großen Flugzeugbauern läuten die Alarmglocken immer lauter, auch die meist mittelständischen Zulieferer sind in heller Aufregung; sie hängen direkt von Entwicklung und Produktion neuer Flugzeuge ab. Und zu allem Übel sind fast alle bilanziell kaum gerüstet. Viele sind Airbus gefolgt und finanzierten das Working-Capital selbst, kauften die Teile selbst ein. Gleichzeitig ist der Preisdruck gewachsen. Zusammen drückt das die relativen Margen und treibt den Verschuldungsgrad nach oben. Hält die momentane Krise nur acht Wochen an, dann werden bis zu 20 % der 2.000 Zulieferer Pleite gehen, fürchten Analysten. Quelle: Lufthansa / Iaata / Airbus / Boeing / DMM