Bundesverwaltungsgericht weist Klagen gegen Fehmarnbeltquerung ab

Für Firmen und Geschäftsreisende ist das eine sehr gute Nachricht: Juristisch ist der Weg für das aktuell größte Infrastrukturprojekt Dänemarks und künftig auch eines der wichtigsten Deutschlands aus dem Weg geräumt worden. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am Dienstag, 03. November 2020, sämtliche Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss für den deutschen Vorhabenabschnitt der Festen Fehmarnbeltquerung von Puttgarden nach Rødby (Lolland) abgewiesen. Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses vom 31. Januar 2019 ist ein 18 km langer kombinierter Straßen- und Eisenbahntunnel, der die Insel Fehmarn mit der dänischen Insel Lolland verbinden soll.

Fehmarntunnel Sektion Skizze: Femern A/S

Der Fehmarnbelt-Tunnel ist ein wichtiger Baustein im europäischen Verkehrsnetz und bindet Skandinavien und Mitteleuropa enger zusammen. Der Fehmarnbelt-Tunnel ist mehr als eine schnelle Verbindung. Er legt die Grundlage für die Entwicklung einer ganzen Region. Der Absenktunnel ist rund 18 km lang; etwa die Hälfte davon entfällt auf den deutschen Vorhabenteil. Das Bauwerk ist bis zu 47 m breit und bis zu 13 m hoch. Es wird aus Fertigelementen zusammengesetzt, die auf der dänischen Seite in einer eigens hierfür auf Lolland errichteten Fabrik hergestellt und dann in eine auf dem Meeresboden gegrabene Rinne abgesenkt werden. Der Tunnel umfasst in getrennten Röhren eine vierstreifige Straße, eine zweigleisige elektrifizierte Hochleistungs-Bahnstrecke sowie einen Wartungs- und Evakuierungskorridor. Nach dem der Planung zugrundeliegenden deutsch-dänischen Staatsvertrag von 2009 wird Dänemark die Feste Fehmarnbeltquerung auf eigene Kosten errichten und betreiben. Zu diesem Zweck hat Dänemark eine private Gesellschaft gegründet. Die Kosten sollen über Mautgebühren und Schienen-Nutzungsentgelte refinanziert werden.

Sechs Klagen gescheitert. Nach dem der Planung zugrundeliegenden deutsch-dänischen Staatsvertrag von 2009 wird Dänemark die feste Fehmarnbeltquerung auf eigene Kosten errichten und betreiben. Das Bundesverwaltungsgericht hatte über insgesamt sechs Klagen zu entscheiden. Kläger waren zwei Umweltverbände, drei Unternehmen, darunter die Betreiberin der bestehenden Fährlinie Puttgarden-Rødby, Scandlines, sowie die Stadt Fehmarn. Das Gericht stellte fest, dass es den vom Umweltverband Nabu bezweifelten Verkehrsbedarf für die Verbindung gebe. Der Verkehrsbedarf sei gesetzlich festgestellt worden. Hingewiesen wird in der Urteilsbegründung auf den Umstand, dass die EU-Kommission die Fehmarnbeltquerung zu den fünf wichtigsten grenzüberschreitenden Projekten des transeuropäischen Verkehrsnetzes zählt.

Kein Verstoß gegen Naturschutzrecht. Es wird daneben festgestellt, dass der Plandfeststellungsbeschluss nicht gegen das Naturschutzrecht verstößt. „Es ist zum Schutz der im Fehmarnbelt lebenden Schweinswale vor Baulärm ein vorsorglicher Grenzwert festgelegt worden, der deutlich unter dem Quellpegel großer Schiffe und Fähren liegt“, so das Gericht in der Urteilsbegründung.Bei möglicherweise erforderlichen Sprengungen von Munitionsaltlastenwürden mit Blasenschleiern Schweinswale vor gefährlichen Schallwellen geschützt. Auch im Hinblick auf die im Fehmarnbelt vorhandenen Riffe werde dem Biotopschutz Rechnung getragen. Auch der Nachweis von Riffs nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses führe nicht zur Rechtswidrigkeit des Fehmarnbeltprojektes. Es müssten aber Nachbesserungen zum Schutz der Riffe vorgenommen werden, bevor mit den Bauarbeiten begonnen werden könne.

Enttäuschung beim Nabu. Der Präsident des Naturschutzverbandes Nabu, Jörg-Andreas Krüger, reagierte mit Enttäuschung auf das Urteil in Leipzig. Die Bedenken der Naturschützer seien vom Gericht weggewischt worden. Krüger sprach von einem „schwarzen Tag für unsere Meere". Der Nabu wies aber darauf hin, dass der Druck der Naturschützer dazu beigetragen habe, noch größere Umweltschäden zu verhindern. Zahlreiche Schutzauflagen seien nach der Kritik des NABU in den Erörterungsterminen als Erfolg zu verbuchen.

Dänemark hofft auf schnellere Realisierung. Der dänische Transportminister Benny Engelbrecht (Sozialdemokraten) erwartet nach dem Urteil in Leipzig, dass des Bauvorhaben jetzt verwirklicht werden kann. „Mit der Fehmarnbeltverbindung schaffen wir einen neuen Korridor nach Deutschland. Es wird auf dänischer Seite schon auf Hochtouren gearbeitet, und nun ist das letzte Hindernis für die Arbeiten auf deutscher Seite aus dem Weg geräumt worden“, so der Politiker nach Bekanntwerden des Urteilspruchs. Jetzt könne die Fehmarnbeltverbindung, die von einer breiten Mehrheit im dänischen Folketing unterstützt wird, gebaut werden.

Das dänische Transportministerium weist in einer Pressemitteilung zum Urteilsspruch darauf hin, dass mit der Entscheidung zugunsten der Tunnelverbindung auch ein Meilenstein auf dem Weg hin zu einer grünen Umstellung des Verkehrssektors passiert werde, indem nun in einigen Jahren mehr Güter statt auf der Straße per Bahn befördert werden können.
„Wir freuen uns, dass mit der heutigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Klarheit über den deutschen Teil des Fehmarnbelt-Tunnels besteht: Das ist ein historischer Meilenstein. Der Bau auf dänischer Seite ist in vollem Gang, auch auf deutscher Seite kann es nun losgehen. Wir möchten uns gern bei all unseren deutschen und dänischen Partnern für ihren Einsatz bedanken“, sagt Claus F. Baunkjær, Vorstandsvorsitzender des staatlichen dänischen Unternehmens Femern A/S, das Bauherr des Vorhabens ist, das laut Preisstand 2015 7,1 Mrd. Euro kosten wird. .

Baubeginn 2022 in Sicht. Wann jetzt mit den Bauarbeiten auf deutscher Seite begonnen werden kann, steht noch nicht fest. Es wird mit einem Start der Bauarbeiten 2022 gerechnet. In Dänemark wird bereits seit Jahren am Ausbau der Schienenanbindung zwischen der Insel Seeland und Lolland gearbeitet. In Rødby laufen die Arbeiten an der Fabrik, in der die Betonelemente für den Tunnel hergestellt werden sollen. Auch am Hafen zur Ausschiffung der Elemente wird bereits gearbeitet.

Umweltgewinn durch schnelle Züge. Mit der Eröffnung der festen Verbindung wird 2029 gerechnet. In Dänemark wird der Fahrzeitverkürzung auf Bahn und Straße zwischen Kopenhagen und Hamburg große Bedeutung beigemessen. Es wird nach Eröffnung der Verbindung eine Verlagerung von großen Teilen des Frachtverkehrs zwischen Mitteleuropa und Skandinavien von der Straße auf die Schiene erwartet. Auch können die künftig mit 200 km/h oder sogar schnelleren Zügen einen Großteil des umweltschädlichen Luftverkehrs zwischen Deutschland, Dänemark und Schweden überflüssig machen. Quelle: Bundesverwaltungsgericht / DMM