BVG rückt der Gewalt mit Bodycams zu Leibe

Die Berliner Verkehrsbetriebe wollen angesichts sich häufender Gewalttaten gegen Passagiere die Sicherheit ihrer Fahrgäste und Mitarbeitenden verbessern. Ab Montag, 11. März 2024, startet ein zwölfmonatiges Pilotprojekt zur Einführung von Bodycams für Beschäftigte im Sicherheitsdienst. An Schwerpunktbahnhöfen der U-Bahnlinien U7 und U8 sowie im gesamten U-Bahnnetz werden vorerst Sicherheitskräfte mit 18 Bodycams eingesetzt, um Konfliktsituationen vorzubeugen, zu entschärfen und die Aufklärung von Vorfällen zu erleichtern.

Die Berliner Verkehrsbetriebe rücken der Gewalt in den U-Bahnen künftig mit Bodycams zu Leibe. Foto: BVG

Die BVG hat es sich zum Ziel gesetzt, den öffentlichen Nahverkehr in Berlin wieder sicherer und sauberer zu gestalten. Um dieses Ziel zu erreichen, setzen die Berliner Verkehrsbetriebe seit Jahren verschiedene Maßnahmen um, wie beispielsweise die flächendeckende Einführung von Notrufsäulen sowie Sicherheitskameras in U-Bahnhöfen und Fahrzeugen, oder die kürzlich eingeführte „Reinigungsstreife“.

2023 ist die Anzahl gewalttätiger Übergriffe auf BVG-Mitarbeitende im Vergleich zum Vorjahr um 88 Fälle auf insgesamt 250 gesunken. Ebenso verzeichneten die Übergriffe auf BVG-Sicherheitsmitarbeitende einen Rückgang um rund 54 % im Vergleich zum Vorjahr. Keine Erwähnung finden in der Statistik Gewalttaten gegen Passagiere. Jeder Angriff ist einer zu viel. 

Rolf Erfurt, Vorstand Betrieb der BVG: „Das Thema Sicherheit steht ganz oben auf unserer Prioritätenliste. Busse, Bahnen und Bahnhöfe sind rein objektiv ein sicherer Raum, sie werden aber oft noch anders von den Nutzern wahrgenommen. Unser Ziel ist es, dass unsere Fahrgäste nicht nur sicher ans Ziel kommen, sondern sich auch sicher und wohl fühlen. Deshalb starten wir mit neuen Konzepten und verstärktem Einsatz auf vielen Ebenen. Dazu zählt auch, dass unsere KollegInnen im Sicherheitsdienst auf eine optimale technische Ausstattung vertrauen können. Das reicht von Nachtsichtgeräten beim Einsatz gegen Kabeldiebstahl und Vandalismus bis zu den Bodycams, die wir jetzt erstmals im Alltagseinsatz testen.“
Während der Testphase wird in jedem vorab geschulten Team mindestens eine Person mit einer Bodycam ausgestattet, die durch eine Armbinde mit dem Aufdruck „Video Bodycams“ erkennbar ist. Vorrangig werden die KollegInnen, die sich freiwillig dafür gemeldet haben, an den Sicherheitsstützpunkten Hermannstraße und Alexanderplatz im Einsatz sein. Die kleinen und leichten Geräte wiegen nur etwa 180 Gramm und zeichnen die Videosequenzen auf.

Die Videodaten werden, wenn notwendig, in zwei Aktionsstufen aufgezeichnet und gemäß §20 BlnDSG für bis zu 48 Stunden gespeichert. Die Kameras sind nicht kontinuierlich aktiviert, sondern werden erst nach einem hörbaren Hinweis und nur in notwendigen Situationen eingeschaltet. Mit der Berliner Datenschutzbehörde wurde frühzeitig ein Einsatzkonzept abgestimmt. Fahrgäste werden mit einem Flyer über ihre Rechte im Zusammenhang mit dem Einsatz von Bodycams informiert.

Ingo Tederahn, Bereichsleiter Sicherheit: „Ich freue mich, dass wir jetzt diese Technik testen können. Vor allem gilt der Dank allen KollegInnen, die sich für diesen Test freiwillig gemeldet haben und nun als erste mit Bodycams unterwegs sind. Wir wissen aus Studien und den Berichten anderer Unternehmen bereits, dass diese Technik als Unterstützung in Einsatzsituationen hilfreich sein und – das ist das Wichtigste – dass sie bestenfalls zur Deeskalation beitragen kann. Nun sammeln wir eigene Erfahrungen,  bevor wir über eine mögliche Ausweitung des Einsatzes entscheiden.“

Öffentliche Verkehrsmittel in Berlin seien teils ein "rechtsfreier Raum", schrieben voriges Jahr BVG-Mitarbeiter in einem Brandbrief. Drogen, Kot, Urin, Pöbeleien: Alltag für Fahrer der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Die wollen das nun aber nicht länger hinnehmen - und haben einen Brief an die Senatsverwaltung geschrieben, um ihrem Ärger Luft zu machen. 270 BVG-Mitarbeiter hatten den Brief unterzeichnet, in dem es u.a. um Beschimpfungen gegen Personal und Prügeleien an Bahnhöfen geht. Die Zustände seien "unhaltbar", heißt es in Berlin

Die BZ zitiert u.a. eine Fahrerin, die einen betrunkenen Mann alleine aus der letzten U6 in Wedding werfen wollte – der sie dann mit einer Glasflasche angriff. Obdachlose schliefen auf oder neben den Gleisen, Fahrgäste spuckten gegen das Führerhaus einer abfahrenden U-Bahn und Drogenabhängige treiben ihr unwürdiges Spiel. Es müsse ein Ende des "inkonsequenten Auftretens" geben – und mehr Sicherheitskräfte. Man könne als Unternehmen nicht alle gesellschaftlichen Probleme lösen, zitiert der RBB einen Sprecher der BVG. Seitens der Berliner Senatsverwaltung hieß es voriges Jahr, man werde den Brandbrief aber zum Anlass nehmen, das Gespräch mit dem Verkehrsunternehmen zu suchen. Das Ergebnis dürfte nun der Pilotversuch mit den Bodycams sein. Quelle: BVG / DMM