Deutschlands zwei Gesichter der E-Mobilität

Die deutsche Automobilindustrie gehört zwar zu den Leitanbietern von Elektroautos, aber auf dem Weg zum Leitmarkt muss das Land noch erheblich Gas geben“, betonte der VDA-Präsident. So beträgt der Anteil von Elektrofahrzeugen am Gesamtmarkt gerade einmal 0,6 %, zum Vergleich: in Norwegen sind es bei den Neuzulassungen schon 20 %. Und auch die Holländer sowie andere Nationen sind bei der Verbreitung von Elektroautmobilen Deutschland voraus. Hier zu Lande werden vor allem im Autohandel fadenscheinige Argumente gegen die E-Mobilität vorgebracht.

Rund 36.000 Stromer wurden bisher in Deutschland neu zugelassen. Wissmann: „Das von der Bundesregierung ausgegebene Ziel von 1 Mio. Elektroautos auf deutschen Straßen im Jahr 2020 werden wir nur erreichen, wenn die Politik jetzt rasch die richtigen Weichen stellt. Nötig sind intelligente Anreize, die ins marktwirtschaftliche System passen.“

Ein besonders kostengünstiger und gleichzeitig sehr wirksamer Impuls wäre eine 50 %-Abschreibung im ersten Jahr für elektrische Firmenwagen. Denn der gewerbliche Bereich macht weit über 60 % des Neuwagenmarkts aus. Wissmann: „Es wäre wünschenswert, dass sich Bund und Länder hierzu noch möglichst vor der Sommerpause verständigen. Denn solche Abschreibungsmöglichkeiten sind für Fuhrparkmanager ein überzeugendes Argument, E-Modelle in ihren Unternehmensflotten einzusetzen.“ Autopapst Ferdinand Dudenhöfer indes hält überhaupt nichts von dieser Art staatlicher Hilfe.
 
Als Firmenwagen könnten Elektrofahrzeuge besonders wirtschaftlich eingesetzt werden, da sie im Durchschnitt über 50 % mehr Kilometer zurücklegen als private Pkw. So können sich die höheren Anschaffungsausgaben über günstigere Verbrauchs- und Wartungskosten amortisieren. „Aber nicht nur die Flottenbetreiber privater Unternehmen sind gefragt“, betonte Wissmann. „Auch die öffentliche Hand sollte bei der Erneuerung ihrer eigenen Fuhrparks mit gutem Beispiel vorangehen.“
 
Die Kommunen sollten das beschlossene Elektromobilitätsgesetz schnell umsetzen, zudem gelte es, weiter konsequent in Forschung und Entwicklung zu investieren. Auch bei der Infrastruktur sieht Wissmann Nachholbedarf. Aktuell gibt es nur 5.600 öffentlich zugängliche Ladepunkte in Deutschland. „Wir werden bald doppelt so viele brauchen“, so der VDA-Präsident. „Je mehr Fahrzeuge auf die Straße kommen, desto größer ist der Bedarf, auch unterwegs zu laden. Überall da, wo sich Menschen länger aufhalten, z.B. in Einkaufszentren, macht eine Lademöglichkeit Sinn.“ Hier sei auch die private Energiewirtschaft gefordert.
 
Prognosen gehen davon aus, dass in zehn Jahren über 15 % aller Neufahrzeuge weltweit elektrifiziert sein werden. „Als neues Technologiefeld ist die Elektromobilität international besonders hart umkämpft. Momentan entwickeln sich die Märkte für E-Fahrzeuge in anderen Ländern dynamischer“, sagte Wissmann. „Das Auto der Zukunft fährt elektrisch, vernetzt und automatisiert. Auf all diesen Gebieten hat Deutschland eine starke Position.“
 
Wissmann betonte, es gelte Mobilität als Motor für wirtschaftliches Wachstum zu erhalten und gleichzeitig Ressourcen und Klima zu schützen. Für eine solche integrierte Klima-, Mobilitäts- und Rohstoffstrategie sei die Elektromobilität Schlüsseltechnologie.
 
Die Industrie werde weiter alles daran setzen, den Stromern zum Erfolg zu verhelfen, denn ihre beste Zeit stehe der Elektromobilität noch bevor, so Wissmann. „Die Reichweite wird sich erhöhen, die Preise werden sinken. Bis 2025 erwarten wir eine Halbierung der Kosten gegenüber heutigen Batteriemodellen.“ Laut aktuellem Fortschrittsbericht der Nationalen Plattform ist schon heute die Reichweite eines Elektroautos für etwa 90 % aller geplanten Fahrten ausreichend. Denn die durchschnittliche Tagesfahrleistung in Deutschland beträgt nur 22 km. Ein Tesla Model S oder Teslas neuer SUV Model X schaffen sogar fast 500 km Reichweite, wovon deutsche Hersteller derzeit noch träumen. Wer momentan hier zu Lande längere Strecken fahren muss, z.B. Handelsvertreter, können ein aufladbares Hybridfahrzeug wählen. Quelle: VDA / DMM