Die Zukunft fliegt über Stuttgart

Weltweit forschen Wissenschaftler, Flugzeug- und Triebwerksbauer am Antrieb der Zukunft für Passagierflugzeuge. Nun ist das weltweit erste viersitzige Wasserstoff-Brennstoffzellen-Flugzeug Hy4 startklar für die nächste Entwicklungsstufe – die Behörden haben nun die Genehmigung für Testflüge erteilt. Am Flughafen Stuttgart präsentierte das Forschungsteam am Freitag, 11. Dezember 2020, die neueste Generation der emissionsfreien Antriebstechnik. Sie soll in den kommenden zehn Jahren in Regionalflugzeugen mit bis zu 40 Passagieren zum Einsatz kommen.

Am Stuttgarter Flughafen absolviert das erste Wasserstoffangetriebene Flugzeug Testflüge. Foto: Flgh. Stgt

Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, sagte in seinem Grußwort anlässlich des erreichten Meilensteins für klimaschonende Passagierflüge: „Das Wasserstoff-Flugzeug Hy4 ist innovativ, leise und klimafreundlich. Es zeigt, dass CO2-freie Luftfahrt schon heute möglich und machbar ist. Diese neue Art des Fliegens hat das Zeug dazu, die Mobilität nachhaltig zu verändern. Deutschland ist in diesem Hochtechnologiebereich Vorreiter: Hy4 ist weltweit das erste viersitzige Passagierflugzeug, das rein elektrisch mit Brennstoffzelle fliegt. Das ist Innovationskraft made in Germany.“

Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann würdigte die Leistung der Köpfe hinter der Hy4: „Der Luftverkehr muss schnellstmöglich klimaschonender werden. Mit dem weltweit einzigartigen Wasserstoff-Brennstoffzellen-Flugzeug Hy4 stellt die Wissenschaft eine vielversprechende Technologie für emissionsfreies Fliegen vor. Mit dieser Expertise ist Baden-Württemberg auf dem Gebiet der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie Vorreiter im globalen Wettbewerb.“

Walter Schoefer, Sprecher der Geschäftsführung der Flughafen Stuttgart GmbH: „Als Förderer der ersten Stunde freut es uns besonders, dass der Flughafen Stuttgart die Hy4 und ihr Team beheimaten darf. Das emissionsfreie Fliegen der Zukunft macht mit diesem Projekt beachtliche Fortschritte. Im Sinne des Klimas müssen wir die Technologieentwicklung in der Luftfahrt und deren Markteinführung weiter mit Nachdruck verfolgen.“ Um die Transformation zum CO2-neutralen Luftverkehr zu beschleunigen, unterstützte der Flughafen die Forschung an der Hy4 und ihren Vorgängerinnen mit insgesamt rund 1 Mio. Euro. Zum Förderkreis gehören neben dem Landesairport auch die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW GmbH), das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie die europäische Kommission. 

„Nur durch die Zusammenarbeit eines Teams von Spezialisten ist ein Projekt wie Hy4 machbar“, erklärt Josef Kallo, Professor an der Universität Ulm und Leiter des Projekts Hy4. „Jetzt können wir in größeren Systemen denken: In der nächsten Dekade sind zuerst Air-Taxis für vier Passagiere, dann kleine Flugzeuge für bis zu 19 Personen und schließlich Regionalverkehr mit Antrieben für bis zu 40 Passagiere und einer Reichweite von 2.000 km realisierbar.“ Am aktuellen Antriebsstrang arbeiteten die Universität Ulm, die H2FLY GmbH und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) als Core Partner, unterstützt von Cummins aus Kanada, Pipistrel aus Slowenien und Diehl Aerospace.

2016 hob die Hy4 erstmals an ihrem Heimatflughafen Stuttgart ab – eine Weltpremiere. Seitdem ist die Technik weiter gereift. Die sechste Generation des Hy4-Antriebs erhielt nun ein Permit-to-fly für Testflüge. Unter der Federführung der H2FLY GmbH, einem Start-up des DLR, absolvierte die Maschine im November 2020 an vier Tagen 32 Starts, Flüge und Landungen. Sie bewies damit Einsatzflexibilität und, dass eine schnelle und sichere Betankung mit Wasserstoff möglich ist.

Der Elektromotor der Hy4 hat eine Leistung von 120 kW und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von rund 200 km/h. Abhängig von Geschwindigkeit, Flughöhe und Zuladung ist eine Reichweite zwischen 750 und 1.500 km möglich. Auffallendes Merkmal der Hy4 sind ihre zwei Rümpfe, die über den Flügel fest miteinander verbunden sind. In jedem der beiden Rümpfe haben zwei Passagiere Platz. Das Maximalgewicht beträgt 1.500 kg.

Die Hy4 ist bis Mai 2021 am Stuttgarter Airport stationiert. Während dieser sechs Monate wird die geräuscharme Maschine weitere Tests durchlaufen und am Himmel über den Fildern zu sehen sein. Info: www.h2fly.de. Quelle: Flughafen Stuttgart / DMM