Faltblatt "Ihr Reiseplan" geht in Rente

Schon während des Lockdowns im Frühjahr wurde weitestgehend auf das Auslegen des Faltblattes „Ihr Reiseplan“ verzichtet. Nachdem die Deutsche Bahn jetzt auch in den InterCity Zügen das ICE-Portal einführt, geht das Faltblatt „Ihr Reiseplan“ in Rente. Im Zeitalter der Digitalisierung ein richtiger und nachvollziehbarer Schritt. Enthält das ICE-Portal auch alle Informationen aus dem Faltblatt? Die Deutsche Bahn meint ja. Beim genaueren Hinsehen kann man das nicht bestätigen.

Im Faltblatt „Ihr Reiseplan“, das in zahlreichen ICEs und IC/EC-Zügen ausgelegt wurde, gab es folgende Rubriken: Service am Bahnhof, Service im Zug und Fahrplanauskunft. I.d.R. war das Faltblatt in deutscher und englischer Sprache verfasst, bei Zügen, die in die Nachbarländer fahren, auch in deren Landessprache(n). Die Fahrplanauskunft umfasste alle Haltebahnhöfe, die Entfernung zwischen diesen, die Ankunfts- und Abfahrtszeiten sowie das Gleis, auf dem der Zug voraussichtlich halten soll. Die nächsten Anschlusszüge waren aufgeführt und unter dem Namen des Bahnhofs waren die Serviceleistungen, die im Bahnhof angeboten werden erwähnt. Ein Hinweis zur Gültigkeit des „+City“-Tarifs ergänzte das Angebot. Die erste Seite umfasste die Serviceleistungen im Zug und bei ICEs auch die planmäßige Wagenreihung. In Summe eine gut durchdachte Informationsquelle für die Reise und die Serviceleistungen unterwegs. Durch den Produktionsvorlauf der Faltblätter fehlten allerdings in der Zeit kurz nach dem Fahrplanwechsel oft die Gleisangaben.

Die Digitalisierung bietet heute Echtzeit-Informationen, deren Aktualität jedes Druckerzeugnis überbietet. Im DB Navigator wird sogar auf Züge hingewiesen, die man aufgrund ihrer Verspätung ausnahmsweise noch erreicht. Die meisten Züge sind mit Informationsmonitoren ausgestattet worden. Somit ist auch Fahrgästen, die kein Smartphone, Tablet oder Laptop mit sich führen, die Information über den aktuellen Fahrplan möglich. Vorausgesetzt, dass diese auch verlässlich mit korrekten Daten gefüllt werden.

Werfen wir einen Blick auf das ICE Portal. Dieses ist über das Bord-WLAN erreichbar. WIFI@DB oder WIFIonICE auswählen, den allgemeinen Geschäftsbedingungen zustimmen und lossurfen. Diese Einstiegsseite wird in Deutsch, Niederländisch, Englisch und Französisch angeboten. Das ICE Portal kommt aus dem Bordcomputer und ist unabhängig von der Internetversorgung außerhalb des Zuges. Dort findet man unterhalb der großen Werbung einen schwarzen Balken. Fahrplanauskunft steht da nicht drüber, aber sie ist es – der wichtigste Fahrgast-Informationsblock für die Reise. Neben einer Geschwindigkeitsanzeige, einem Link zur Karte wird der nächste Haltebahnhof, das Gleis und die Zeit bis zu diesem angezeigt.

Wer darauf klickt, erhält die Überschrift „Reiseinformationen für den ICE 597“ (die Zugnummer des Zuges, in dem der Fahrgast sich befindet) und dann den Fahrtverlauf des Zuges mit den Ankunftszeiten sowie in weiteren Untermenüs auch die Auswahlmöglichkeit der Anschlusszüge. Dieser Teil der Informationen ist sehr gut gelöst. In der Praxis erscheint die Auswahl der Anschlusszüge aber noch verbesserungswürdig, insbesondere bei Verspätungen. Denn Systemanschlüsse sollten auch bei Verzögerungen und Abweichungen korrekt und zuverlässig angezeigt werden. Mit korrekten Zeitangaben kann der Fahrgast selbst entscheiden, ob er den Anschlusszug noch erreichen kann oder nicht. Ein Hinweis, dass dieser knapp ist oder gar entschieden wurde, dass nicht gewartet wird, präzisiert die Entscheidungsgrundlage. Insbesondere wenn der DB Navigator „Zug wartet“ meldet, darf dieser Anschluss nicht im ICE-Portal fehlen.

Es wäre eine perfekte Ergänzung, wenn beim Klick auf den Umsteigebahnhof, der Lageplan erreichbar wäre. Und zwar so detailliiert, dass der Fahrgast erkennt, in welchem Abschnitt sein Wagen hält und wo die Übergänge (Treppe, Rampe, Aufzug) zum Bahnsteig des Anschlusszuges sich befinden. Ergänzt durch die Information über die Lage des Bahnsteiges, denn nicht immer ist die Logik der Bahnsteignummerierung dem Fahrgast sofort ersichtlich. Gleis 9 kann schon auch mal gegenüber Gleis 7 am gleichen Bahnsteig sein, oder Gleis 6 neben Gleis 1. All diese Informationen sind bekannt und teilweise in anderen DB Apps verfügbar. Laut Deutsche Bahn werden diese Hilfsmittel angeblich nicht nachgefragt.

Weiterhin sind die Informationen über die Serviceleitungen der Halte-Bahnhöfe nicht direkt und einfach für jeden verständlich auffindbar. Der Link zum Service auf dem nächsten Haltebahnhof befindet sich ganz unten unter „Unsere Tipps zum nächsten Halt“ nach den Wetterinfos, der Werbung und touristischen Informationen. Dort ist auf die Seite „bahnhof.de“ von DB Station und Service verlinkt. Bei einigen Halten wird dieser Link erst durch einen weiteren zusätzlichen Klick auf „Stadt entdecken“ angezeigt. Während eines Tests waren die ICE-Bahnhöfe München-Pasing und Frankfurt Flughafen Fernbahnhof mit den Informationen des jeweiligen Hauptbahnhofs verlinkt. Beim ICE-Halt in Köln Messe/Deutz führte der erste Link zum Kölner Hauptbahnhof, der mit den Informationen zum Bahnhof Messe/Deutz befand sich an 13. und letzter Stelle der verlinkten Informationen. Wer diesem Pfad gefolgt ist, findet beispielsweise auch Informationen zu gegebenenfalls vorhandenen Schließfächern. Informationen zu Haltstellen weiterführender Verkehrsmittel, wie U-Bahnen, Straßenbahnen oder Bussen werden dort i.d.R. aber auch nicht angeboten. Schade, denn der öffentliche Verkehr ist nur dann eine Alternative zum Individualverkehr, wenn die komplette Reisekette perfekt funktioniert. Und wer hat schon als Ziel den Bahnhof an sich.

Auch Informationen über die Gültigkeit des +City- Tarifs sucht man vergeblich. Im Zeitalter der Digitalisierung wäre es ein Leichtes, diese Informationen zu verlinken oder noch besser auf einer navigierbaren Karte darzubieten. Die Ergebnisse der Forschungsprojekte zur Reisendenlenkung und -begleitung sollten auch in einfache zuverlässige Hilfen einfließen. Diese verhelfen dann den weniger erfahrenen Nutzern des Öffentlichen Verkehrs zu einem positiven Reiseerlebnis.

Eingangs wurden in der Übersicht der Angebote im Faltblatt „Ihr Reiseplan“ noch die Informationen zu Serviceleitungen im Zug und zur Wagenreihung erwähnt. Diese Informationen sucht man im neuen ICE-Portal bisher vergeblich. Wieso? Die DB sagt dazu, dass die ZugbegleiterInnen für Fragen rund um den Service zur Verfügung stünden. Da fragt man sich, ob deren – gerade in Störsituationen – begrenzte und kostbare Zeit dann ausreicht um dem Informationsbedürfnis aller Fahrgäste gerecht zu werden.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die wichtigen Informationen für die Reise im neuen ICE-Portal in deutscher Sprache angeboten werden. Die Möglichkeiten digitaler Information werden aber bei Weitem nicht ausgenutzt. Nicht jeder Fahrgast will alles wissen. Er möchte heute aber mehr denn je aus einem vollständigen und umfassenden Informationsangebot auswählen. Insbesondere bei Störungen und Abweichungen vom Regelzustand kann das ICE-Portal eine zusätzliche Informationsquelle werden, wenn es zuverlässig mit aktuellen Daten befüllt wird. Erfahrende Nutzer des öffentlichen Verkehrs wünschen sich das und für unerfahrene Nutzer reduziert es Zugangsbarrieren. Quelle: Fahrgastverband Pro-Bahn / DMM