Geschäftsreisen: 2019 war die Welt noch in Ordnung

Die deutschen Unternehmen und öffentlichen Institutionen haben sich ihre Geschäftsreisen im Jahr 2019 so viel kosten lassen wie noch nie. Wie die aktuelle VDR-Geschäftsreiseanalyse für das Jahr 2019 belegt, stiegen die Ausgaben im Vergleich zu 2018 um 3,5 % und erreichten damit ein neues Allzeithoch von 55,3 Mrd. Euro. Allerdings berücksichtigt der VDR nur einen Teilaspekt: Nicht berücksichtigt sind in dieser Summe die Ausgaben für Geschäftswagen, für Kommunikation und den Tagungsbereich. Dann käme man auf weit über 200 Mrd. Euro. Für das laufende Jahr 2020 wird es einen beispiellosen Einbruch bei den Ausgaben für den Geschäftsreisesektor geben.

Als die Geschäftsreisewelt noch in Ordnung war - 2019 registrierte der VDR einen Rekordzahl an Dienstreisen. Foto BA

Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 195,4 Mio. Geschäftsreisen (+ 3,1 %) und 13,0 Mio.  Geschäftsreisende (+ 8,2 %). Würden die Dienstreisen mit Geschäftswagen berücksichtigt, käme man auf etwa 550 Mio. Geschäftsreisen. Die am Montag, 28. September 2020 in Frankfurt/M. vorgestellte VDR-Geschäftsreiseanalyse spiegelt das Reiseverhalten deutscher Unternehmen und Organisationen des öffentlichen Sektors im Jahr 2019 wider. Daher werden die Auswirkungen der Reisebeschränkungen im Zusammenhang mit der anhaltenden COVID-19-Pandemie in dieser Analyse noch nicht abgebildet. Einige Fragestellungen geben jedoch Hinweise zu diesem außergewöhnlichen Jahr.

„Die Ergebnisse zeigen, dass Geschäftsreisen vor dem pandemiebedingten Lock-down ein wichtiger Motor der konjunkturellen Entwicklung in Deutschland waren. Für Unternehmen, ihre reisenden Mitarbeiter und die gesamte Geschäftsreisebranche ist die Corona-Pandemie eine historische Zäsur, die es unter gemeinsamer Anstrengung aller Marktbeteiligten zu meistern gilt. Geschäftsreisen dienen seit jeher einem unternehmerischen Zweck und sind in vielen Fällen eine ökonomische Notwendigkeit. Würden Dienstreisen dauerhaft ausgesetzt, ginge ein erheblicher Anteil der Wirtschaftsleistung verloren – in Deutschland und weltweit. Auch die persönliche Verständigung zwischen den Menschen und Unternehmen wird wichtig bleiben und ist nicht dauerhaft durch rein virtuelle Kommunikationsinstrumente zu ersetzen. Intelligent gemanagte Geschäftsreisen werden auch in Zukunft ein notwendiges Erfolgsinstrument für Wirtschaftswachstum in Deutschland sein“, sagte VDR-Vizepräsidentin Inge Pirner bei der Präsentation der Studienergebnisse.

Wirtschaftsstandort Deutschland profitiert am stärksten. Die Anzahl der vom VDR berücksichtigten Geschäftsreisen erreichte mit 195,4 Mio. im Jahr 2019 einen Rekordwert, ein Plus von 3,1 % gegenüber dem Vorjahr. Hierzu haben vor allem mehr Auslandsreisen beigetragen, insbesondere aus dem verarbeitenden Gewerbe und Bau: 30 % ihrer Geschäftsreisen gingen ins Ausland, während der öffentliche Sektor zu 92 % im Inland blieb. Resultierend aus der Beschäftigungslage in Deutschland ergab sich mit 13 Mio. auch ein neuer Höchststand an Geschäftsreisenden.

„Neben den Ausgaben für Transport und Beherbergung leisten Unternehmen und ihre Geschäftsreisenden einen immensen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung – etwa in Gastronomie, Einzelhandel, Dienstleistungssektor und Kultur. Umso wichtiger ist es, dass Geschäftsreisen unter Einhaltung der Sicherheits- und Hygieneregeln wieder planbar, zuverlässig und verantwortungsbewusst durchgeführt werden können. Auch die Politik muss dazu ihren Beitrag leisten, etwa indem sie regulatorische Flickenteppiche beseitigt. Regional unterschiedliche Vorschriften für Hygiene, Öffnungen, Ein-und Ausreise sind für Unternehmen und Dienstleister nicht umsetzbar und für eine intelligent gesteuerte Wiederaufnahme der Reisetätigkeit kontraproduktiv“, sagte das für Marktforschung zuständige VDR-Präsidiumsmitglied Oliver Meinicke.

Trend verstärkt: KMU reisen öfter eintägig. 2019 hat sich der Trend in den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) erneut verstärkt, ihre Geschäftsreisenden noch am selben Tag nach Hause zurückkehren zu lassen: Tagesreisen erreichten mit 70 % einen Höchststand. Analog dazu wurden die Reisen zu 86 % im Inland getätigt, mit einer unveränderten Durchschnittsdauer von 1,6 Tagen. Je größer die Firma, umso länger die Reise. In den größten Firmen waren 53 % der Geschäftsreisen 2019 mit mindestens einer Übernachtung verbunden. Die Durchschnittsdauer stieg mit 2,3 Tagen etwas an und 34 % der Reisen führten ins Ausland. Der öffentliche Sektor blieb naturgemäß wesentlich öfter im Inland und führte die meisten Dienstreisen ohne Übernachtung durch.

Allzeithoch auch bei Übernachtungen. Das Jahr 2019 bescherte dem Beherbergungssektor im In- und Ausland einen Rekord von 74,3 Mio. Übernachtungen aus Betrieben mit zehn und mehr Mitarbeitern (+ 2,6 % im Jahresvergleich). Davon kamen 74 % dem Inland zugute. Längere Geschäftsreisen, vor allem der größeren Unternehmen mit 5,9 % mehr Übernachtungen, waren hauptsächlich für den Anstieg im Ausland ursächlich. Mittelständische Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern waren gegenüber dem Vorjahr häufiger in Deutschland unterwegs und sorgten hier für eine halbe Million mehr Übernachtungen. Die weltweiten, alle Beherbergungsbetriebe und -kategorien zusammenfassenden, Durchschnittskosten pro Übernachtung betrugen 134 Euro (im Vorjahr: 128 Euro).

Nachhaltigkeit wird zum Wettbewerbsfaktor. Größere Unternehmen hatten schon zu Anfang des Jahrzehnts über eine nahezu hundertprozentige Abdeckung mit Travel Policies berichtet. Mittelständische und kleinere Firmen haben nun stark nachgeholt. Von den Unternehmen, die eine Reiserichtlinie besitzen, hat heute knapp die Mehrheit Steuerungselemente zugunsten der Nachhaltigkeit eingebaut beziehungsweise plant dieses. Da der Anteil mittelständischer Firmen, die eine Reiserichtlinie einsetzen, seit 2013 stark gestiegen ist, bedeutet das auch einen entsprechend größeren Effekt für den Klimaschutz. Dieser Trend ist noch stärker in Unternehmen, wo es einen eigenen Verantwortungsbereich für das Geschäftsreise- und Mobilitätsmanagement gibt.

Geschäftsreiseverantwortliche sind nicht nur ökonomisch verantwortungsbewusste Einkäufer, sondern sehen sich zunehmend auch in der Pflicht, einen Beitrag zur Nachhaltigkeit zu leisten. Heute gehen 73 % der befragten Travel- und Mobilitätsmanager aus größeren Firmen, 71 % im öffentlichen Sektor und 45 % im Mittelstand davon aus, dass sich Nachhaltigkeit zu einem Wettbewerbsfaktor bei der Wahl von Leistungsträgern entwickeln wird. In der Krise stecken auch Chancen für das Travel Management, da die Geschäftsreise-Organisatoren an der Schnittstelle von Mensch und Mobilität die Expertise, Kompetenz und vielfach auch die Tools besitzen, Unternehmensmobilität zukunftsweisend und nachhaltig umzugestalten. Download der aktuellen  Geschäftsreiseanalyse https://www.vdr-service.de/services-leistungen/fachmedien/vdr-geschaeftsreiseanalyse Quelle: VDR / DMM