Kommt die Kerosinsteuer, geht die Welt unter...

... so fürchten es Airlines-Manager angesichts der Planungen Brüssels Kerosin künftig besteuern zu wollen (DMM berichtete). Bis dato ist die Luftfahrt der einzige Verkehrsträger, der seinen Treibstoff „quasi zum Nulltarif“, jedenfalls was die Besteuerung betrifft, bekommt. Das entspricht letztlich einer groben Wettbewerbsverzerrung gegenüber den konkurrierenden Verkehrsträgern von Straße und Schiene. Beide bezahlen im Vergleich zu den Airlines das Vierfache für ihren Energieeinsatz, sind obendrein umweltfreundlicher. Sollte sich Brüssel durchsetzen und Steuern auf Flugbenzin erheben, darf man davon ausgehen, dass die Mehrkosten an die Kunden, also auch Geschäftsreisende, weitergegeben werden.

Die im Raum stehende mögliche Steuer sowie Biosprit-Quoten versetzen Airlinemanager in Alarmstimmung. Die Branche sieht neue Ungleichgewichte im internationalen Wettbewerb heraufziehen - zumal die EU beim Marktzutritt für auswärtige Airlines parallel eine äußerst liberale Linie fährt.

Derzeit entfallen nach Darstellung der Luftfahrt lediglich rund 2,5 % der weltweiten CO2-Emissionen auf den Luftverkehr, andere Zahlen sprechen von weitaus mehr. Betrachtet man das Jahr, entfielen nach Schätzungen zum Vorteil der Luftfahrt nur 950 Mio. Tonnen CO2 auf den Luftverkehr bei einem globalen Rekordausstoß von 38 Mrd. t. Kohlenstoffdioxid. Dabei sind die immensen klimaschädlichen Effekte, die beim Fliegen entstehen, gar nicht mitberücksichtigt. Andere Schadstoffe wie etwa Schwefel- und Stickoxide verstärken die massiv negativen Auswirkungen auf das Klima, weil sie unterm Strich auch zur rasch voranschreitenden Erwärmung in der Erdatmosphäre führen. Experten weisen darauf hin, dass sich diese sogenannten "Nicht-CO2-Effekte" bei weitem nicht in den Ticketpreisen für Flüge widerspiegeln.

Die EU-Kommission schlägt zwar in ihrem Klimapaket "Fit for 55" u.a. die Einführung einer Energiesteuer auf Kerosin vor. Aber auch die soll erst ab 2023 gelten und über zehn Jahre schrittweise steigen - sofern die Mitgliedstaaten diesem Plan überhaupt zustimmen.

"Der volle Steuersatz würde erst 2033 zu zahlen sein", sagt Wolfgang Bretschneider, Umweltökonom beim Umweltbundesamt (UBA). Den Schiff- und Flugverkehr bislang von dieser "Kerosinsteuer", wie sie auch genannt wird, auszunehmen, sei eine nicht hinzunehmende Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der Umwelt.

Die Reaktion des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft ist klar: Er warnt davor, eine Kerosinsteuer oder neue Steuern jeglicher Art einzuführen. Eine Kerosinsteuer würde nur dazu führen, dass Drittstaaten-Airlines sie umgehen könnten, argumentiert der Verband. Die auch in Deutschland immer stärker zu spürende Klimaentwicklung mit Katastrophen, wie wir sie aus der jüngsten Zeit kennen, spielen für den BDL in seiner Argumentation keine Rolle. Dabei profitiert die Luftfahrt ohnehin davon, dass es keine EU-weite Mehrwertsteuer auf Flugtickets gibt. Zur Erinnerung Die anderen Verkehrsträger werden grundsätzlich auch über Grenzen hinweg mit Mehrwertsteuern belastet.  

Unklar ist bislang, ob eine Kerosinsteuer auch zu teureren Flugtickets führen würde. "Man kann nicht sagen: Eine innereuropäische Kerosinsteuer wird eins zu eins an die Endverbraucher oder an die Passagiere weitergegeben", sagt UBA-Experte Bretschneider.

"Es hat sich (...) gezeigt, dass eine Kraftstoffsteuer ein besserer Anreiz ist, die Energieeffizienz zu steigern und die Verwendung nachhaltiger Kraftstoffe zu fördern", zitiert das "Handelsblatt" einen Kommissionssprecher. Es ist genau diese Festlegung, die Europas Airlines zunehmend Sorge bereitet.

Denn während eine EU-weite Ticketsteuer - gestaffelt nach Flugstrecke - alle Airlines gleich belasten würde, drohen europäischen Airlines bei geplanten Quotenregelungen für Biokerosin und Kerosinsteuern auf der Langstrecke Nachteile gegenüber der Konkurrenz, die Drehkreuze außerhalb der EU unterhält.

Turkish Airlines, Qatar Airways oder Emirates "werden im besten Fall nur auf dem ersten Drittel der Reise die gleichen Treibstoffkosten zu tragen haben wie ein europäischer Konkurrent", sagte ein ranghoher Airlinemanager gegenüber dem Portal aero.de. In der EU würde dann nur das Nötigste nachgetankt - den Sprit für den Rückweg nimmt man dann lieber bereits auf dem Hinweg mit, äußerte der Manager. Und orakelte, in Europa gingen dann  unweigerlich Arbeitsplätze in der Luftfahrt verloren.

In Deutschland habe sich die Zahl der Fluggäste in den vergangenen 28 Jahren verdreifacht, heißt es in einem Bericht des Umweltbundesamts vom Oktober 2020 mit dem passend zweideutigen Titel "Wohin geht die Reise?". Dieses Wachstum führe "zu mehr Emissionen, mehr Lärm, höherem Ressourcenverbrauch", schreiben die Autoren. Das Problem: Der Anteil sauberer Kraftstoffe im Luftverkehr ist mit 0,05 % noch verschwindend gering. Bis 2030 soll er nach dem Willen der EU mindestens 2 % ausmachen. Aber auch das fürchten die Airlines: Denn sauberer Treibstoff ist sehr viel teurer als der „schmutzige“, heute verwendete. Quelle: aero.de / UBA / DMM