Das Gericht entschied, dass die Behauptungen von KLM, wonach Fliegen nachhaltig sein kann oder wird, sowie Aussagen, die darauf hindeuten, dass der Kauf von Ausgleichsprodukten einen Teil der Klimaauswirkungen des Fliegens verringert oder ausgleicht, „irreführend und rechtswidrig sind. Im Übrigen habe die Fluggesellschaft mit ihren unlauteren Behauptungen gegen die Handelsbestimmungen verstoßen.
Darüber hinaus erklärte das Gericht, dass der Begriff „nachhaltig“ zur Beschreibung von alternativem Flugtreibstoff – allgemein als SAF bezeichnet – ebenfalls irreführend ist. „Obwohl SAF dazu beitragen kann, die schädlichen Umweltaspekte des Fliegens zu reduzieren, ist der Begriff ‚nachhaltig‘ hier zu absolut und nicht konkret genug“, urteilte das Gericht. „Auch die Aussage, dass es sich um eine ‚vielversprechende Lösung‘ handelt, zeichnet ein zu rosiges Bild. Derzeit ist der Anteil von SAF am Gesamtkraftstoffverbrauch noch sehr begrenzt. Ein größerer Anteil ist erst in ferner Zukunft zu erwarten und daher ungewiss.“ Der Ausdruck „SAF ist nachhaltig“ ist daher irreführend.
KLM hatte die Schalung von 19 Werbeanzeigen, die Gegenstand des Rechtsstreits waren, bereits eingestellt. Das Gericht ergriff daher keine weiteren Strafmaßnahmen, außer dem Luftfahrtunternehmen die Zahlung der Kosten der Kläger aufzuerlegen. Das Gericht befand außerdem, dass künftig ein Verbot ähnlicher Aussagen gilt.
Hiske Arts, Aktivist von Fossielvrij, das die Klage im Juli 2022 eingereicht hatte, sagte: „Das heutige Urteil ist ein bahnbrechender Sieg im Kampf gegen Greenwashing. Die Bedeutung der Entscheidung des Gerichts ist klar: Unternehmen dürfen nicht behaupten, dass sie etwas gegen den Klimawandel tun, obwohl sie den in Wirklichkeit anheizen. „Das ‚grüne‘ Marketing von KLM schafft das bei den Passagieren das irrige Vertrauen, dass man selbst dann, wenn man sich über die Klimakrise Sorgen macht, beruhigt in ein Flugzeug besteigen kann und man mit der Flugreisen dem Planeten keinen Schaden zufügt. Die Richter haben dieser schädlichen Strategie, die Öffentlichkeit und Politiker einzulullen, ein Ende gesetzt.“
Mehrheit der Passagiere glaubt Nachhaltigkeitsbehauptungen nicht. Eine Umfrage im Rahmen eines im Januar von BTN Europe veröffentlichten Beitrags ergab, dass 71 % der Befragten angaben, sie hätten Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit der Nachhaltigkeitsaussagen von Reiseanbietern. Johnny White, Anwalt bei ClientEarth, sagt zum Thema Greenwashing: „Unternehmen, die öffentlich für ihr Engagement für die Ziele des Pariser Klimaabkommens werben, müssen nun sicherstellen, dass diese Ansprüche machbar und konkret sind, sonst riskieren sie, vor Gericht zu verlieren. Dieses neuerliche Urteil (u.a. mussten sich auch schon Lufthansa und AUA wegen Greenwashings rechtfertigen) gegen eine Airline ist nichts weniger als ein Weckruf.“ Der Ruf nach stark umweltverschmutzenden Industrien und Unternehmen, die versuchen, ihr Engagement zum Erreichen der Pariser Klimaziele den Kunden zu verkaufen, also ihr Image aufpolieren wollen ohne die Pläne zu haben, dorthin zu gelangen, beweist, dass die Klima-PR-Strategien der Luftfahrtindustrie nichts als Luftnummern sind.“
Laut White entsprechen so genannte ‚nachhaltige Flugkraftstoffe‘ oder ‚Kompensationsprodukte‘ allem anderen als der Wahrheit. Alle Fluggesellschaften und andere Unternehmen, die Behauptungen über die Umweltauswirkungen ihrer Produkte aufstellen, sollten dieses neue Urteil gegen KLM beachten.
KLM gibt sich geläutert. Als Reaktion auf das Gerichtsurteil erklärte KLM, das Urteil zu prüfen, und dass der Carrier zu einem späteren Zeitpunkt inhaltlich darauf zurückkommen wird. Weiter heißt es seitens KLM, ihre Kommunikation zum Thema Nachhaltigkeit müsse ehrlich und transparent sein. KLM habe diesbezüglich bereits Schritte unternommen und die 19 Werbeanzeigen schon seit einiger Zeit nicht mehr genutzt. Bewusstsein und Kommunikation über Nachhaltigkeitsziele, -aktivitäten usw. halte KLM für unerlässlich im Sinne des Ziels, das Fliegen weniger umweltschädlich zu machen. Der Richterspruch verschaffe mehr Klarheit darüber, was möglich ist und wie KLM transparenter und ehrlich über ihr Vorgehen und ihre Aktivitäten kommunizieren kann. Quelle: De Telegraaf / KLM / DMM