Promillegrenze beim Fahrrad

Wegen steigender Spritpreise ist das Fahrrad bei vielen das Verkehrsmittel der Wahl. Wer mit dem Zweirad zum Feierabendbier fährt, sollte aber wissen, dass auch das Fahrradfahren unter Alkoholeinfluss enorme Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Zunächst ist zwischen der absoluten und der relativen Fahruntüchtigkeit zu unterscheiden. Diese Unterscheidung wird auch bei der Feststellung der Blutalkoholkonzentration bei Kraftfahrern vorgenommen. Die Promillegrenze für absolute Fahruntüchtigkeit bei Radfahrern liegt mit 1,6 Promille deutlich höher als für Kraftfahrer mit 1,1 Promille. Entgegen dem Irrglauben der Bevölkerung liegt die Promillegrenze der relativen Fahruntüchtigkeit sowohl für Kraftfahrer als auch für Fahrradfahrer bei 0,3 Promille. Zwar existieren für Fahrradfahrer im Gegensatz zu Kraftfahrern keine Bußgeldtatbestände für alkoholisiertes Fahren im Bereich der relativen Fahruntüchtigkeit, jedoch droht auch hier die Strafbarkeit, wenn Ausfallerscheinungen zu der Alkoholisierung hinzutreten.

Absolute Fahruntüchtigkeit. Die Promillegrenzen sowohl für Kraft- als auch für Radfahrer sind nicht im Gesetz geregelt, sondern unterliegen der Bewertung der Rechtsprechung. Richtungsweisend für die Promillegrenze der absoluten Fahruntüchtigkeit war ein Beschluss des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1986. Hier wurde erstmalig eine feste Grenze für die absolute Fahruntüchtigkeit bei Radfahrern gezogen: 1,5 Promille zzgl. 0,2 Promille Sicherheitszuschlag. Der Wert hat sich bis heute lediglich um 0,1 Promille reduziert, da sich der Sicherheitszuschlag, aufgrund der verbesserten Genauigkeit der Messergebnisse, um 0,1 Promille reduziert hat. Als starrer Wert für die absolute Fahruntüchtigkeit bei Radfahrern gilt also 1,6 Promille.

Wird bei einem Radfahrer nun ein Promillewert von 1,6 festgestellt, wird die Fahruntüchtigkeit dessen unwiderleglich vermutet. Es bedarf bei der absoluten Fahruntüchtigkeit also keines weiteren Hinzutretens von Ausfallerscheinungen oder einer Gefahr für Personen oder Sachen. Der Promillewert von 1,6 allein ist ausreichend.

Relative Fahruntüchtigkeit. Praxisrelevanter dürfte die relative Fahruntüchtigkeit sein. Wie bereits erörtert, gilt diese auch für Radfahrer, mit der Ausnahme, dass das reine Vorliegen der Promillegrenze von 0,3 nicht zu einer Ahndung mit einem Bußgeld führt. Fallen Sie allerdings im Straßenverkehr durch Ausfallerscheinungen auf, müssen Sie auch bei einem Wert von 0,3 Promille mit einem Strafverfahren rechnen. Typische Ausfallerscheinungen sind hier das Schlangenlinienfahren, das Überfahren von roten Ampeln oder die Missachtung von Verkehrsschildern. Zwar können diese Verstöße auch ohne Alkoholeinfluss vorkommen, allerdings werden sie mit einem Promillewert ab 0,3 zu einem strafbewehrten Vergehen.

Wie viel darf man also trinken? Die Blutalkoholkonzentration hängt im Wesentlichen von der Trinkmenge ab, allerdings spielt dabei auch die körperliche Statur sowie das Essverhalten als auch die Gewöhnung an Alkohol eine Rolle. In der Regel ist der Wert von 0,3 Promille ab dem zweiten Bier erreicht, wenn man davon ausgeht, dass eine Flasche Bier 0,5 Liter und 5 % Vol. besitzt. Wein hat in der Regel deutlich mehr Volumenprozent. Die gängigen Rebsorten reichen von 12 % Vol. bis 14 % Vol. Rechnet man diese Werte auf ein Glas Wein, also 0,2 Liter um, liegt man im Durchschnitt bei 0,44 bis 0,54 Promille. Trinkt man also eine Flasche Wein à 0,75 Liter, landet man schnell bei einem Wert von über 1,6 Promille.  

Für eine exakte Berechnung der Blutalkoholkonzentration muss allerdings auch die Trinkgeschwindigkeit und der Abbauwert von 0,1 bis 0,2 Promille pro Stunde berücksichtigt werden. Wie schnell strafbewährte Blutalkoholkonzentrationen erreicht werden können, zeigt, dass es tunlichst vermieden werden sollte unter Alkoholeinfluss ein Fahrzeug, und sei es auch nur ein Fahrrad, zu führen.

Konsequenzen bei zu viel Promille auf dem Fahrrad. Die aus Alkoholkonsum resultierenden Konsequenzen können allerdings weitreichend sein. Bereits bei einem Promillewert von 0,3 und hinzutretenden Ausfallerscheinungen erwartet Sie ein Strafverfahren. Der Tatbestand der Trunkenheit im Verkehr, § 316 StGB (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe) kann hier erfüllt sein. Verursachen Sie zudem einen Unfall, bei dem das Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet werden, droht eine Geld- oder sogar Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren nach § 315c StGB. Ab einem Promillewert von 1,6 ist zumindest der objektive Tatbestand des § 316 StGB sicher verwirklicht, da bei dieser Promillegrenze die absolute Fahruntüchtigkeit unwiderleglich vermutet wird.

Zwar droht der Entzug der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB nicht unmittelbar, da § 69 StGB ausdrücklich nur für Kraftfahrzeuge gilt. Jedoch droht ab einem Wert von 1,6 Promille die verpflichtende Teilnahme an einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU). Wird diese nicht bestanden oder das erforderliche Gutachten erst gar nicht beigebracht, erweisen Sie sich automatisch als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, sodass Ihnen nach § 3 Abs. 1 FeV die Fahrerlaubnis entzogen wird. Zudem kommt auf Sie ein Bußgeld, sowie drei Punkte in Flensburg zu.

Auch bei einer geringeren Promillegrenze als 1,6 werden eben genannte Maßnahmen in Betracht gezogen, wenn der Radfahrer mit weiteren Ausfallerscheinungen auffällt. Nicht zu vergessen ist auch, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei nicht abgelegter oder nicht bestandener MPU die Ungeeignetheit zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen, also von Fahrrädern, Mofas und Fahrzeugen gemäß § 4 Abs. 1 FeV feststellen kann. Sie dürfen dann nicht mal mehr mit dem Fahrrad fahren.

In der Probezeit gelten nochmals Besonderheiten. Der Fahranfänger unterliegt grundsätzlich einer Promillegrenze von 0,0. Zwar gilt diese nicht für das Fahrrad, allerdings kommen erhebliche Konsequenzen auf den Fahranfänger zu, wenn er in der Probezeit „volltrunken“ Rad fährt, mithin mit einem Promillewert von 1,6 oder mehr auffällt. Die Folgen eines solchen Verstoßes ist in der Regel die Anordnung einer MPU. Der Fahranfänger muss also durch diese Untersuchung seine Fahreignung beweisen. Gelingt ihm dies nicht, wird ihm die Fahrerlaubnis entzogen. Überdies kommt auch auf den Fahranfänger zudem ein Strafverfahren wegen Trunkenheit im Verkehr zu. Selbst wenn der alkoholisierte Radfahrer in der Probezeit mit weniger als 1,6 Promille auffällt, kommen möglicherweise Konsequenzen auf ihn zu, die unmittelbar die Fahrerlaubnis betreffen: Wenn der Fahrradfahrer Ausfallerscheinungen zeigt und dadurch den Straßenverkehr beeinträchtigen könnte, drohen im Einzelfall eine Nachschulung und eine Verlängerung der Probezeit.

Weiterhin zu bedenken sind sowohl zivilrechtliche als auch versicherungsrechtliche Aspekte. Den alkoholisierten Radfahrer, der an einem Unfall beteiligt war, wird vor Gericht in aller Regel zumindest eine Teilschuld treffen, sodass er zusätzlich zu den strafrechtlichen Konsequenzen auch mit einem zivilrechtlichen Verfahren rechnen muss, das nicht nur Verfahrenskosten verursacht, sondern aus dem möglicherweise auch eine Verurteilung zu Schadensersatz oder Schmerzensgeld resultiert.

Weitere Kosten treffen den betrunkenen Radler, wenn er fahrlässig oder gar vorsätzlich einen Unfall verursacht. In diesem Fall wird die private Haftpflichtversicherung regelmäßig von der Leistungspflicht befreit. Hieraus resultiert die Pflicht des Radfahrers, für alle Schäden selbst aufzukommen.

Darf ich mein Fahrrad schieben? Das Schieben des Fahrrades stellt nach herrschender Meinung in der Rechtsprechung im Übrigen kein „Führen des Fahrzeuges“ dar, sodass Sie Ihr Fahrrad auch im alkoholisierten Zustand grundsätzlich nach Hause schieben dürfen.

Auch hier gibt es natürlich Ausnahmen. Sind Sie derart alkoholisiert, dass Sie sich kaum auf den Beinen halten können und beispielsweise zusammen mit dem Rad auf die Fahrbahn fallen, stellen Sie nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere Verkehrsteilnehmer eine Gefahr dar. Eine solche Situation kann im schlimmsten Fall zu einem Strafverfahren wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr führen. Gem. § 315b StGB kann dies eine Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren nach sich ziehen sowie die Entziehung der Fahrerlaubnis als auch möglicherweise die Verpflichtung zur Absolvierung einer MPU.

Fazit. Lassen Sie im Zweifel auch das Rad stehen, denn der alkoholisierte Radfahrer ist zunächst die größte Gefahr für sich selbst. Sie setzen nicht nur Ihre Fahrerlaubnis aufs Spiel, sondern gehen das Risiko ein, sich einem kostspieligem Strafverfahren unterziehen zu müssen und sich selbst und andere physisch in Gefahr zu bringen. Quelle: RA Manon Heindorf, www.anwalt.de / DMM