Reisestrom zwischen Russland und dem Westen ebbt ab

„Unsere Bürger machen wieder vermehrt Urlaub im eigenen Land“, ließ Russlands Staatspräsident Wladimir Putin schon 2014 wissen, nachdem er sich über die westlichen Sanktionen gegen sein Land massiv geärgert hatte. Und tatsächlich hat sich das Reiseverhalten vieler russischer Staatsbürger geändert, sehr zum Leidwesen vieler Hoteliers in Deutschland, Österreich und Schweiz. Auch die deutsche Geschäftsreisebranche bekommt die Auswirkungen der Strafmaßnahmen des Westens zu spüren mit einem deutlichen Minus bei den Russlandreisen.

Die Reiseströme zwischen Russland - hier eine nächtliche Aufnahme von Moskau aus der ISS - schrumpfen gewaltig. Auch der Geschäftsreiseverkehr ist im Rückwärtsgang. Foto: NASA

Das Ausbleiben der zahlungskräftigen Klientel bringt viele Hoteliers hier zu Lande sowie in den Alpenregionen zum Schwitzen. Andererseits spürt auch die deutsche Geschäftsreisebranche die Auswirkungen der Strafmaßnahmen des Westens. Viele westliche Firmen, insbesondere aus der Automobilbranche, fahren ihre Engagements in Russland zurück mit der Folge, dass nahezu alle westlichen Fluggesellschaften in beiden Richtungen ihre Flieger nicht mehr voll bekommen. 

Es ist bemerkenswert: Gleich welche Fluglinie man bucht, Richtung Moskau und anderen russischen Businessmetropolen sind die Flugzeugkabinen halb voll oder halb leer, je nachdem, wie man es betrachtet. Die internationalen Airlines, ob Lufthansa, Air Berlin aber auch die Golfcarrier und Günstigflieger haben dicke Probleme mit ihren Russland-Verkehren: EasyJet z.B. halbiert im Sommer die Anzahl der Flüge nach Russland. Schon im Januar hatten die Briten die Verbindung von London nach Moskau stark reduziert. Die Nachfrage ist weggebrochen, begründet eine Sprecherin den teilweisen Rückzug vom russischen Markt.

EasyJet ist nur eine von vielen Airlines, die ihre Verbindungen nach Russland reduziert. Cathay Pacific (Hongkong) hat inzwischen alle Flüge nach Moskau gecancelt, Qatar Airways bietet weniger Verbindungen an und Etihad Airways stoppte den Plan, Dreamliner auf der Strecke zwischen Abu Dhabi und Moskau einzusetzen. Stattdessen reduzierte die Airline ihre Flüge nach Russland um ein Drittel. Laut der russischen Luftfahrtbehörde sind internationale Verbindungen im Januar und Februar 2015 um 14,5 % gesunken.

Zu den Leidtragenden des Streits zwischen Russland und dem Westen zählen logischerweise auch die russischen Fluggesellschaften. Aeroflot, Transaero, S7 & Co. orientieren sich inzwischen neu. Sie haben 72 Strecken wegen mangelnder Nachfrage gestrichen. Im Kreml hat man nun eine Strategie entwickelt, um die heimischen Airlines vor dem Untergang zu bewahren. So hat die Regierung die Steuern für Inlandsflüge von 18 auf 10 %  reduziert; außerdem hat sie die Behörden aufgefordert, ihren Beschäftigten Inlandsurlaube zu bezuschussen.

Diese Strategie scheint aufzugehen: Russland verkündete eine Steigerung von Passagieren auf Inlandsflügen um 12,4 % in den ersten beiden Monaten des Jahres. Russische Touristen leiden unter dem starken Verfall des Rubels ähnlich wie deutsche unter dem ähnlich starken Verfall des Euros. In den vergangenen sechs Monaten verlor die russische Währung vergleichbar dem Euro mehr als 40 % gegenüber dem Dollar. Dadurch steigen die Kosten für internationale Reisen. Und das macht sich auch in der Luftfahrt bemerkbar.

Die Zahlen der russischen Staatsbürger, Urlauber wie Geschäftsreisende, die ins westliche Ausland reisen, sind 2014 um 40 bis 50 % im Vergleich zu 2013 gesunken, sagte die Direktorin der Vereinigung der Tourismusanbieter in Russland, Maja Lomidse, in Moskau. Betroffen ist auch Deutschland, das deutlich weniger Touristen aus Russland verbucht. Die Deutsche Botschaft in Moskau hatte im Dezember 2014 von einem Minus von 16 bis 20 % bei der Zahl der Visa-Anträge im Vergleich zum Vorjahr gesprochen.

Die Gründe für den Rückgang des Reiseinteresses Richtung Deutschland, Österreich und Schweiz seien das mangelnde Vertrauen in die Wirtschaft und die sinkende Kaufkraft, weil der Rubel gegenüber westlichen Währungen wie dem Euro und Dollar massiv an Wert eingebüßt habe. Maja Lomidse nannte aber auch außenpolitische Faktoren. Viele Russen berichten davon, dass sie sich im Westen angesichts der Sanktionen gegen ihr Land im Ukraine-Konflikt unerwünscht fühlen. Diese Lage habe letztlich zu massenhaften Pleiten bei den Reiseanbietern im Riesenreich geführt. In der Europäischen Union waren nach Darstellung der Expertin Griechenland und Spanien die begehrtesten Länder mit einem Anteil von jeweils sieben Prozent an der Gesamtzahl der russischen Touristen. Quelle: Aerotelegraph / Russland heute / DMM