Richter ist befangen, weil er VW fährt

Es gab Zeiten, da hat der Volkswagenkonzern jedem Richter in Deutschland die Füße geküsst, der vor Beginn einer Verhandlung „VW kontra Kunde“ kund getan hätte, er sei auch VW-Fahrer. Heute ist das alles ein bisschen anders. Da passiert schon mal, dass VW einen Richter ablehnt, weil er VW fährt.

Zur Sache: Wir fahren ins hessische Gießen. In die Ostanlage 15. Dort sitzt das Landgericht mit seinen Zivil- und Strafkammern einschließlich der Kammern für Handelssachen. Und vor genau diesem Gericht soll eine Verhandlung stattfinden: Ein EA189-geschädigter VW-Kunde (das ist der besagte  Selbstzünder, der dem VW-Konzern in den USA hohe Milliardenstrafzahlungen bereits eingebrockt hat, weil Martin Winterkorn und Konsorten – die zwar nichts zugeben, dafür umso mehr kassieren – meinten, die Welt mit manipulierten Dieselmotoren täuschen zu müssen), versucht dort sein Recht erstreiten zu müssen.

Dabei muss er allerdings wissen, dass er nicht nur gegen Europas größten Autobauer und eine Heerschar von Juristen ankämpfen darf, sondern auch gegen die Bundesregierung, die sich in Sachen Decken von Betrügereien bekanntermaßen bestens auskennt.

Tja, und dann gibt es dort noch einen Richter, zuständig in dieser Sache, der etwas vorlaut vor Prozessbeginn klargestellt hatte, dass auch er als Dieselfahrer vom Abgasskandal betroffen ist. Leider bekamen dies die cleveren VW-Anwälte spitz und so lehnten sie den Vorsitzenden „wegen Besorgnis der Befangenheit“ ab.

Vielleicht wird der Richter dadurch zu einem der unzähligen Dieselthematik-Geschädigten, die dem Konzern und seinen Marken aktuell den Rücken kehren. Nicht nur deshalb, sondern weil sie sich tatsächlich betrogen fühlen. Denn wer bitteschön garantiert ihnen, dass ihr Auto nach der Umrüstung noch dasselbe ist? Wer garantiert ihnen, dass ihr Auto nicht die Zulassung verliert? Wer garantiert ihnen, dass sie keine höhere Kfz-Steuer entrichten müssen? Diese und noch viel mehr Fragen treiben Millionen von Dieselthematik-Betroffenen um. Dass sie im Vergleich zu den US-amerikanischen Geschädigten leer ausgehen sollen, wurmt sie ohnehin. Man kann sich vorstellen, dass dies auch beim VW Diesel fahrenden Richter. so ist.

Da hat die neue Präsidentin des Landgerichts Gießen, Sabine Schmidt-Nentwig, seit 01. September 2016 in Amt und Würden, gleich mal eine große Aufgabe: Die Zurückweisung des Befangenheitsantrags der VW-Juristen. DMM