Stellschrauben gegen Ungerechtigkeit

Für Energieerzeugnisse, die im inländischen und internationalen Flugverkehr verwendet werden, gilt eine Steuerbefreiung. Das gesamte Subventionsvolumen (nat./internat. Flüge) betrug im Jahr 2018 ca. 8,4 Mrd. Euro. Dabei ist der Flugverkehr wegen des enormen Treibhausgasausstoßes eines der klimaschädlichsten Verkehrsmittel.

2019 wurden hierzulande ca. 10,2 Mio. t Kerosin abgesetzt. Diese Menge enthält ca. 32 Mio. t CO2, die beim Fliegen ausgestoßen werden. Legt man Klimakosten von 195 Euro/t CO2 zugrunde, wie vom Umweltbundesamt vorgeschlagen, summieren sich die jährlichen Klimakosten auf 6,2 Mrd. Euro. Wird ein sog. Radiative Forcing Index (RFI) von 3 berücksichtigt, der die anderen Treibhausgasemissionen des Flugverkehrs sowie die verstärkte Wirkung in höheren Schichten der Erdatmosphäre miteinbezieht, werden sogar Kosten von 18,7 Mrd. Euro errechnet. Die Energiesteuerbefreiung von Kerosin fördert das fortlaufende Wachstum des Luftverkehrs und verzerrt den Wettbewerb mit Alternativen, wie der Bahn bei inländischen oder kurzen innereuropäischen Flügen. Außerdem wirkt sie gegen Anreize für einen effizienteren Treibstoffverbrauch und die Entwicklung von verbrauchsarmen Flugzeugen.

Reformvorschlag: Deutschland sollte die vollständige Abschaffung der Energiesteuerbefreiung von Kerosin im nationalen und internationalen Rahmen anstreben. Dadurch können auch Verlagerungseffekte ins Ausland minimiert werden. Seit 2003 ist es innerhalb der EU möglich, Kerosin für Inlandsflüge und Flüge zwischen Mitgliedstaaten der EU nach der EU-Energiesteuerrichtlinie zu besteuern. Das erfolgte aber bis heute in noch keinem der Mitgliedstaaten. Deutschland sollte sich also für eine EU-weite Regelung einsetzen oder mit anderen Mitgliedstaaten bilaterale Abkommen schließen. Konkret sollte Deutschland den Empfehlungen des Umweltbundesamtes folgen: Der EU-Mindeststeuersatz auf Kerosin sollte auf 33 ct/l erhoben werden. Dieser sollte bis 2025 auf den Regelsteuersatz von 65,45 ct/l angehoben werden. Mit diesem Satz würde die Steuer z.B. auf einem Flug von Berlin nach Frankfurt ca. 21 Euro pro Person betragen. Ausgehend von dem angedachten Regelsteuersatz und der in Deutschland im Jahr 2019 abgesetzten Kerosinmenge von 10,2 Mio. t gehen wir von einem Einnahmepotenzial von bis zu 8,3 Mrd. Euro aus. Die Erwartung wäre allerdings ein Rückgang der verbrauchten Kerosinmenge – sei es aufgrund von Effizienzsteigerungen oder erhöhter Flugticketpreise.

Einkommensauswirkungen: Die einkommensstärksten 10 % nutzen das Flugzeug im Schnitt wesentlich häufiger als der Rest der deutschen Bevölkerung. Sie verbrauchen rund.7,1-mal so viel Kerosin wie die untersten 10 %., emittieren daher deutlich mehr Treibhausgasemissionen und profitieren von der Kerosinsteuerbefreiung überproportional. Von einer Reform betroffen wären also Vielflieger und Unternehmen, denn viele dieser Flüge sind dienstlich veranlasst. Die Mehrheit der Deutschen (60 – 70 %) fliegt hingegen gar nicht oder seltener als einmal pro Jahr. Die Besteuerung von Kerosin hätte daher wohl eine progressive Verteilungswirkung.

Besteuerung des internationalen Flugverkehrs. Tickets für internationale Flüge sind in Deutschland und der EU – im Gegensatz zu Inlandsflügen und den meisten anderen Produkten – von der Mehrwertsteuer befreit. Das Subventionsvolumen belief sich im Jahr 2018 auf ca. 4 Mrd. Euro. Der Steuervorteil stellt – wie die Kerosinsteuerbefreiung – eine wettbewerbsverzerrende und umweltschädliche Begünstigung des Flugverkehrs dar. Wie zuvor beschrieben, verursacht das Fliegen besonders hohe Treibhausgasemissionen.

Reformvorschlag: Die Mehrwertsteuer sollte auf Flugtickets ausnahmslos erhoben werden. Dafür ist jedoch eine europäische Lösung im Rahmen der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie nötig, um einheitliche Wettbewerbsbedingungen zu erhalten und Ausweichreaktionen zu verhindern. Solange eine solche Lösung nicht gefunden wird, könnte die Luftverkehrssteuer entsprechend erhöht werden.

Einkommensauswirkungen: Von der Mehrwertsteuerbefreiung profitieren – aus gleichen Gründen wie bei der Kerosinsteuerbefreiung – vor allem einkommensstarke Haushalte. Die Verteilungswirkung der beiden Subventionen ist also sehr ähnlich und ihre Abschaffung würde progressiv wirken. Quelle: FÖS e.V. / DMM