Strafrecht für automatisiertes Fahren kommt zu früh

Auf dem 57. Verkehrsgerichtstag (VGT) Ende Januar in Goslar (29. bis 31. Januar) verhandeln und diskutieren rund 2.000 Experten aus den Bereichen Recht und Verkehr aktuelle Probleme und Fragen der individuellen Mobilität. Die Arbeitsergebnisse und Empfehlungen der acht Arbeitskreise fließen in künftige Gesetzesvorhaben ein und werden von Gerichten in Entscheidungsbegründungen aufgegriffen.

AK I: „Punktereform auf dem Prüfstand“. In diesem Arbeitskreis wird die 2014 eingeführte Reform des Punktesystems überprüft und bewertet. Der AvD sieht in dem geänderten Punktesystem zur Bewertung der Fahreignung keine grundlegende Vereinfachung für die Verkehrsteilnehmer. Nach Auffassung des AvD sollten mit Ablauf der deutlich zu langen Eintragungsfrist die vorhandenen Punkte endgültig gelöscht werden. Die „eJustiz“ bei Behörden und Gerichten kann eine sofortige Eintragung sicherstellen. Das Fahreignungsseminar zur Punktereduzierung ist nach Meinung des AvD bezogen auf Kosten und Inhalte deutlich zu verschlanken. Die ebenfalls im Arbeitskreis diskutierte Verhängung von Fahrverboten bei Delikten der allgemeinen Kriminalität lehnt der AvD ab. Straftaten wie Betrug oder Verletzung von Unterhaltspflichten entbehren inhaltlichen jedweden Bezug zum Führen eines Kraftfahrzeugs.

AK II: „Automatisiertes Fahren (Strafrechtliche Fragen)“. Der AvD hält den Einsatz von (teil-)automatisierten Kraftfahrzeugen unter dem derzeit geltenden Strafrecht für nicht akzeptabel. Die durch Entwicklung und Programmierung der entsprechenden Fahrzeuge bereits getroffenen Entscheidungen können durch den eher als „Insassen“ zu bezeichnenden Fahrer im Zweifel nicht übersteuert werden. Dann ist jedoch auch ein strafrechtlicher Vorwurf kaum möglich. Erst recht gilt das für die Entwickler, Programmierer und Hersteller eines solchen Fahrzeuges. Zuerst muss ein Rechtsrahmen für die Zulassung hoch automatisierter oder autonomer Fahrzeuge erstellt und dann das dazu passende Strafrecht entwickelt werden.

AK V: „Alkolock“. Der Arbeitskreis diskutiert Systeme, welche den Motor erst dann starten, wenn der Fahrer seine Nüchternheit bewiesen hat. Der AvD lehnt einen verpflichtenden Einbau und die zwingende Benutzung für alkoholauffällige Fahrer ab. Das Fahren unter Alkohol und sonstiger Drogen darf auf diese Weise nicht wieder gesellschaftlich akzeptiert sein. Die zu verzeichnenden Rückgänge der Unfallzahlen aufgrund Alkohol und Drogen sind aus Sicht des AvD ermutigend.

AK VII: „Dieselfahrverbote nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts“. Der AvD fordert, dass auf Sorgen der Autofahrer mit Vernunft und Augenmaß von allen verantwortlichen Stellen reagiert werden muss. Die öffentlichen Debatten ignorieren die Sorgen vieler hunderttausend Autofahrer und verhindern, nachhaltige Lösungen für die individuelle Mobilität in Ballungsräumen zu finden. Der AvD will die Zufahrt in die Städte mit allen ordnungsgemäß zugelassenen Fahrzeugen langfristig gesichert und die Luftqualität dabei nicht vernachlässigt sehen.

Der AvD weist darauf hin, dass nur nachgewiesene Gesundheitsbeeinträchtigungen von Gerichten zur Beurteilung von zu verhängenden Fahrverboten herangezogen werden dürfen. Das hat kürzlich der Verwaltungsgerichtshof in Kassel bei der Beurteilung von Verkehrsbeschränkungen in Frankfurt unterstrichen. Die Eignung des Grenzwertes von 40 µg NO2 pro Kubikmeter Luft als Maßstab für Gesundheitsgefahren wird z. B. von US-amerikanischen und britischen Behörden bestritten. Der AvD ist auch der Meinung, dass auch verzerrte Messergebnisse, die durch nicht ordnungsgemäß installierte Instrumente und Messstellen erhoben und zudem falsch interpretiert wurden, nicht zulasten der Autofahrer verwendet werden dürfen. Quelle: AvD / DMM