Verbrenner müssen früher weg

In einem Interview mit dem Portal „EFAHRER“ spricht Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin, Buchautor und Podcaster, Klartext in Sachen Autoverkehr der nahen Zukunft.

„Wenn wir zu einem Lebensstil kommen wollen, der auf den Rest des Planeten übertragbar ist, dann müssen wir mit weniger Autos auskommen. Wenn wir langfristig weniger Autos haben wollen, dann brauchen wir weniger Straßen. Das muss alles auf den Prüfstand“, so der Wissenschaftler. 

Insbesondere hält Quaschnig die Subventionspolitik für fragwürdig: Während die Bahn die Energiesteuer für Strom und Diesel selbst bezahlt, ist der Flugverkehr von der Kerosinsteuer befreit. Und auch im Vergleich zum Auto hat es die Bahn schwer: Es geht immer noch mehr Geld in den Straßenausbau als in den Schienenausbau. Hier sind die Prioritäten so, dass die Gesellschaft immer noch in Richtung Auto gedrängt wird. Das muss sich ändern. Vor diesem Hintergrund muss man auch die E-Auto-Förderung sehr kritisch sehen. E-Autos sparen unbestritten CO2 ein, aber wenn man die Einsparung mit der Förderung von über 9.000 Euro aufrechnet, dann kommt man auf sehr hohe Kosten pro eingesparter Tonne CO2. Das war für den Markthochlauf der Elektromobilität in Ordnung, aber jetzt muss man sich doch überlegen, wie man das Autofahren unbequemer macht, um die Zahlen herunterzubekommen. Das Verbrennerverbot wäre so ein Mittel gewesen.

Das von der EU beschlossene Verbrennerverbot für Neufahrzeuge ab 2035 kommt aus Sicht des Wissenschaftlers viel zu spät, weil Autos im Schnitt 18 Jahre auf der Straße bleiben. Das heißt: Verbrenner-Zulassungen bis 2035 führen zu fahrenden Verbrenner-Autos im Jahr 2053. Deutschlnd will aber vorher schon komplett klimaneutral sein, das heißt das funktioniert nicht. Ein solches Verbot müsste viel schneller kommen. Wenn dann argumentiert wird: „Aber die armen Leute können sich das nicht leisten.“ dann ist die Antwort: Günstige Gebraucht-Verbrenner werden ja nicht verboten, das Angebot für finanzschwache Menschen bleibt. Dass einkommensschwache Menschen sich möglichst billige Verbrenner-Neuwagen kaufen, das können wir nicht wollen. Das muss der Staat unterbinden.“. Der Professor weiter: „Wenn man Förderungen rausnimmt und den Autoverkehr damit unbequemer macht, dann kann man das gesparte Geld für den Ausbau der Schiene einsetzen und den ÖPNV attraktiver machen. Dann wäre die Auswahl ok: CO2-freie neue Elektroautos stehen dann im Wettbewerb mit einem attraktiveren ÖPNV. Da müssen wir hin.

Er selbst fährt ein Elektroauto, aber ein Auto ist grundsätzlich schonmal schlecht, argumentiert der Professor. Denn die Herstellung eines normalen Autos in Deutschland hat einen CO2-Rucksack, der dem Lebens-CO2-Fußabdruck eines Menschen in Afrika entspricht.

Von Bio-Treibstoffen zur Dekarbonisierung des Verkehrs hält der Fachmann überhaupt nichts.  Wenn man alle landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland für die Biodieselproduktion aus Raps nutzen würde, dann würde die erzeugte Menge noch nicht ausreichen, um den fossilen Diesel in Deutschland komplett zu ersetzen. Von Benzin haben wir da noch gar nicht angefangen. Und wir hätten nichts mehr zu essen. Das ist einfach zu ineffizient. Wir müssen Biodiesel für Bereiche einsetzen, für die es keine Alternativen gibt, für Schiffe zum Beispiel. Für das private Auto ist das einfach sinnlos. Zudem spricht der Vergleich der Wirkungsgrade komplett gegen die Biosprit-Produktion: Ein modernes PV-Modul hat einen Wirkungsgrad von über 20 %, Pflanzen liegen bei weniger als 1 %.

In sonnenreicheren Ländern wie Saudi Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emirate entstehen Anlagen entstehen, die für 1 Cent pro kWh Strom erzeugen. Der Überschuss-Strom, der in Deutschland zwangsläufig entstehen wird, kostet aber noch weniger. Deswegen ist es sinnvoll, den Überschuss in Deutschland nicht wegzuwerfen, sondern in Wasserstoff umzuwandeln, anstatt den aus Saudi Arabien zu holen. Deutschland wird den kompletten Energiebedarf aber nicht aus dem eigenen Land decken können. Länder wie die USA sind dazu in der Lage, in Deutschland funktioniert das nicht. Es sollen 2 % der Landesfläche für Windkraft genutzt werden, die HTW empfiehlt nochmals 2 % für Photovoltaik einzusetzen. Damit kommt man auf 80 % des Primärenergiebedarfs an Strom in Deutschland. Wenn man den Überschussstrom nutzt, ist die Erzeugung von Wasserstoff in Deutschland konkurrenzfähig mit importiertem Wasserstoff: Auch in Saudi Arabien laufen Elektrolyseure, die per Photovoltaik versorgt werden, nicht rund um die Uhr – dort sind es 2.000 Volllaststunden im Jahr, in Deutschland 1.000. Weil der Überschussstrom hier zu Lande aber praktisch nichts kostet, hat die lokale Wasserstoff-Produktion einen Vorteil. Was über diese 80 % hinausgeht, muss importiert werden.

Langfristig stellt sich aber wieder die Frage der Abhängigkeiten. Wenn man Ressourcen für strategisch wichtig hält, dann muss man den Bereich halt subventionieren, um die Produktion in Deutschland zu halten.
Die Diskussion hierzu wirft übrigens ein deutliches Licht auf die Diskussion zu Efuels: Finanzminister Christian Lindner schlägt ja vor, Sprit für die Verbrennerautos einfach in Chile herzustellen. Aber: Dazu wäre sechs- bis siebenmal soviel Strom nötig, wie das südamerikanische Chile heute insgesamt verbraucht. Da müsste man mit den Menschen in Chile wohl mal reden, ob die die Windmühlen, die man in Deutschland nicht sehen will, zehntausendfach im Land haben wollen. Das ist viel zu ineffizient und zu teuer. Für den Autoverkehr ist das nichts als eine Illusion. Quelle: EFAHRER.com / DMM