Von Winter- und Ganzjahresreifen bis zum TRWP

Geschäftsreisende, ob angestellt oder selbstständig, gehören bis dato nicht unbedingt zu jenen Autofahrern, die gern beim Radwechsel Geld sparen wollen. Denn nicht wenige von Ihnen sind als Vielfahrer zu allen Jahreszeiten unterwegs, oft genug auch in bergigen Regionen. Dennoch überlegt der/die eine oder andere, ob er/sie nicht doch auf einen Ganzjahresreifen (auch Allwetterreifen) wechseln sollte. Wir klären nach unserem Besuch der Continental WinterRoadshow 2019 auf, warum Saisonreifen auch nur in der jeweiligen Saison gefahren werden sollten und wann sich der Einsatz eines All Seasons-Pneus tatsächlich rentiert. Und wir klären auf, was es mit TRWP auf sicht hat.

Vielfahrenden Geschäftsreisenden sind auf jeden Fall Saisonreifen zu empfehlen, also Winter- bzw. Sommerreifen. Foto: Contiental

Von Seiten des Gesetzgebers in Deutschland gibt es keine bindende Einschränkung, dass Winterreifen nicht auch in den anderen drei Jahreszeiten gefahren werden dürfen. Der Gesetzgeber legt allerdings eine Mindestprofiltiefe von 1,6 mm fest. Da ab einer Profiltiefe von 4 mm die Fahreigenschaften des Reifens auf nasser Fahrbahn stark nachlassen, empfehlen wir eine Profiltiefe von 4 mm bei Winterreifen und 3 mm bei Sommerreifen nicht zu unterschreiten. Aufgrund der vorangegangenen Argumentation eines schlechteren Fahrverhaltens, ist es dennoch sinnvoll und sicherer, im Sommer auf Sommerreifen und in der kalten Jahreszeit auf Winterreifen zu wechseln.

Laut Straßenverkehrsordnung (StVO) müssen nahezu alle Fahrzeuge – vom Zweirad bis zum Pkw, SUV und Lkw – bei winterlichen Straßenverhältnissen wie Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte mit Winter- oder Ganzjahresreifen unterwegs sein. Diese müssen eine M+S-Kennzeichnung auf der Reifenseitenwand aufweisen. Seit 2018 wurde die  Kennzeichnung durch das Schneeflockensymbol, auch „3 Peak Mountain Snow Flake (3PMSF)“genannt, verschärft. Dies bedeutet, dass seit 2018 neu produzierte Reifen nur dann als Winterreifen gelten, wenn sie das Schneeflockensymbol auf der Flanke aufweisen. Ausschlaggebend hierfür ist die DOT-Nummer (Herstellungsdatum) auf dem Reifen. Für alle Reifen mit M+S-Kennung, die bis Ende 2017 produziert werden, gilt eine Übergangsfrist bis 2024. Da viele Reifenhersteller aber bereits auf das Schneeflockensymbol umgestellt haben, wird sich das Reifenangebot nicht stark verändern. Sommerreifen dürfen bei diesen Verhältnissen nicht auf die Straße.

Unser Tipp, nicht neu, aber weiterhin aktuell, selbst wenn die Winter schneeärmer werden: Etwa ab Mitte Oktober bzw. bei länger anhaltenden tiefen Temperaturen im einstelligen Bereich auf Winterreifen zu wechseln. Denn wer in Zeiten, da Schnee und Eis, Schneematsch, Laub auf eiskalten Fahrbahnen, Nebel und natürlich längere Dunkelheit im Tagesverlauf das Vorwärtskommen mit dem Automobil erschweren, mit Sommerreifen fährt, riskiert nicht nur Bußgelder, sondern gefährdet mit einem längeren Bremsweg sich und andere Verkehrsteilnehmer. Auf verschneiten Straßen verdoppelt sich der Bremsweg mit Sommerreifen, auf vereisten versiebenfacht er sich.

Bei Continental, vor 148 Jahren gegründet, befassen sich in der Division Reifen 56.000 MitarbeiterInnen mit dem Thema wehweisende Technologie und Dienste in Sachen Bereifung von Fahrzeugen. Weltweit sind 900 Testfahrer im Einsatz auf allen Kontinenten, testen ca. 340.000 Pneus im Jahr, erfolgen im Jahr ca. 200 Mio. Reifentest-Kilometer, beeindruckende Zahlen de alle denselben Zweck haben: Mehr Sicherheit auf der Straße. Aktuell bieten die Hannoveraner mit dem WinterContact TS 860 einen Hightech-Winterreifen für höhermotorisierte sportliche Pkw. Zu haben ist der Pneu in 14 Dimensionen zwischen 16 und 22 Zoll und mit Geschwindigkeitsfreigaben bis 270 km/h. Aber man muss schon ziemlich verrückt sein, so im Winter zu rasen. Für Pkw und SUV der Mittel- und Oberklasse eignet sich der WinterContact TS 850 P. Eine spezielle Version für allradgetriebene Fahrzeuge trägt auf der Seitenwand den Schriftzug „SUV“. Von beiden Modelllen werden Reifen für Felgen zwischen 15 und 22 Zoll und 19 neuen Größen gefertigt. Drei Reifenmodelle bieten die Niedersachsen für Vans und Transporter für den Winter- und Ganzjahreseinsatz an nd zwar für Vans < 2 t (z.B. Opel Combo), für Medium-Vans 2 – 3,5 t (VW Bus) und für schwere Vans 3,5 – 7,5 t (Sprinter, Crafter & Co.). 

Ganzjahresreifen – eine Alternative? Jein, sagt Entwicklungsingenieur Andreas Schlenk. Wer ausschließlich in den schneearmen Regionen in Deutschland unterwegs ist, überwiegend in urbanen Gegenden und/oder mit begrenzter jährlicher Kilometerleistung unterwegs ist, für den ist ein Reifensatz ohne saisonalen Radwechsel durchaus eine Überlegung wert. Fakt aber ist: Saisonale Reifen bieten für alle Einsatzbereiche und für alle Temperaturen maximale Sicherheit. 

Conti und auch die anderen Hersteller der Reifenindustrie haben sich den Wünschen ihrer Kunden angepasst und Reifen entwickelt, die bei gemäßigten Wetterverhältnissen das ganze Jahr über gefahren werden können. Inzwischen bieten viele Markenhersteller die so genannten Ganzjahresreifen oder auch Allwetterreifen in Ihren Sortimenten an. Die meisten Ganzjahresreifen weisen eine M+S-Kennung auf und erfüllen damit die Anforderungen der „Winterreifenverordnung“ in Deutschland. Dazu ist die Gummimischung von Ganzjahresreifen für einen größeren Temperaturbereich ausgelegt und bietet ausreichend Grip sowohl in milden Wintern als auch an kühleren Sommertagen. Vorteil gegenüber Winterpneus: Das Profil eines Ganzjahresreifens ist in der Regel langlebiger und hält länger als speziell für den Winter konzipierte Reifen. Darüber hinaus sorgen diese Allseasons-Pneus für einen geringeren Rollwiderstand, wodurch Kraftstoff eingespart wird. Außerdem können Ganzjahresreifen unter Umständen leiser sein und für mehr Fahrkomfort sorgen.
Mobilitäts- und Flottenmanager wissen in aller Regel jedoch um die Bedeutung von Saisonreifen und veranlassen, oft im Benehmen mit den Leasinggesellschaften, den Räderwechsel. Man muss u.a. wissen, dass Allwetterreifen unter extremen Wetterbedingungen wie starker Schneefall oder Hitze schwächeln. Kommen derartige Wetterphänomene häufiger in den Regionen vor, in denen Geschäftsreisende zu tun haben, sollten sie aus Sicherheitsgründen beim saisonalen Reifenwechsel bleiben.

Wissen muss man zudem, dass sich der Kompromiss zwischen harter Sommermischung und weicher Wintermischung auf die Lebensdauer eines Allwetterreifens nachteilig auswirken kann. Im Vergleich zu einem Saisonreifen, weisen Ganzjahresreifen oftmals eine kürzere Lebensdauer auf, da sie sich durch die Temperaturschwankungen schneller abnutzen. Ein Ganzjahresreifen muss im Vergleich zu Winter- und Sommerbereifung somit öfter ersetzt werden.

Außerdem dürfen Ganzjahresreifen nicht in allen Nachbarländern im Winter gefahren werden. So gilt in Italien (Südtirol), Tschechien, Slowenien, Finnland und Schweden eine generelle Winterreifenpflicht. Andere Länder verpflichten per Verkehrszeichen auf betroffenen Strecken zu Winterreifen. Wieder andere Länder erlauben auch Schneekette bei stark verschneiten Straßen als „Winterbereifung“.

Ökologischer Fußabdruck. Ob Mobilitätsmanager oder Business Traveller: Kaum einer denkt an die Auswirkungen von Autoreifen auf Klima und Umwelt. So verlieren Pkw-Reifen im Lauf ihres Lebens durchschnittlich ca. 800 Gramm an Gewicht durch Abrieb. Deutschlandweit sind es jährlich etwa 83.000 Tonnen (und europaweit 500.000 t), das entspricht ca. 1,23 kg je Bundesbürger. Reifenabrieb entsteht durch Reibung des Reifen mit der Straße. Er kommt nicht in Reinform vor, sondern immer in Kombination mit Anteilen des Straßenbelags und weiteren freien Partikeln von der Straßenoberfläche vor. Die Partikel sind etwa 5 – 350 µm groß (im Mittel 100 µm) mit einer Dichte von 1,8 g/cm3 (Reifen- und Straßenabrieb). Die Dichte von reinem Gummiabrieb beträgt ca. 1,2 g/cm3. Sie sind so schwer, dass sie nicht über längere Zeit in der Luft schweben, sondern sich ablagern.

Abrieb entsteht zu 20 % auf den Fernstraßen, 4/5 entstehen zu je 50 % innerstädtisch und auch Landstraßen. Abrieb besteht zur Hälfte aus Gummi und als Straßenabrieb. Beides zusammen bezeichnet die Fachwelt als „Tire and Road Wear Particles“ (TRWP). Laut Alfred Wegener Insitut (Bremerhaven) trägt TRWP z 01,4 bis 2,8 „ zum Feinstaubanteil in der Umgebungsluft bei und bis zu 5 % des TRWP landen im Meer. Übrigens kann man als Autofahrer seinen Teil zu weniger TRWP beitragen, indem man moderater fährt und das Gaspedal nicht ständig durchdrückt. Denn Reifen werden nach wissenschaftlichen Erkentnissen vor allem durch häufiges Beschleunigen, Kurven fahren und Bremsen abgerieben. Ebenfalls höheren Abrieb sieht man bei Bergfahrten oder auf Schotterpisten. Vermutet wird, dass auf Straßen, auf denen lange Passagen ohne große Geschwindigkeitsänderung vorherrschen, Reifen eher weniger abreiben. Quelle: Continental / DMM