Weitere Entlassungen bei SWISS

Auch ein Jahr nach Ausbruch der weltweiten Corona-Pandemie verharrt der Flugverkehr noch immer auf sehr tiefem Niveau. Der Covid-19-Effekt ist deutlich größer als frühere exogene Schocks und hat die Branche in einem noch nie dagewesenen Ausmaß getroffen. Auch die Lufthansa-Tochter Swiss International Air Lines sieht sich noch immer mit der größten Herausforderung in der Unternehmensgeschichte konfrontiert. Der Carrier reagiert mit Massenentlassungen, der Verkleinerung der Flotte und weiteren Sparmaßnahmen.

Angesichts der weiterhin ausbleibenden Erholung in der Luftfahrt scheint bei der Schweizer Fluggesellschaft eine über die bereits eingeleiteten Kostensparmaßnahmen hinausführende Restrukturierung unumgänglich. CEO Dieter Vranckx: „Es zeichnete sich immer klarer ab, dass sich der Markt strukturell verändern wird und trotz frühzeitig eingeleiteter Maßnahmen unsererseits eine Restrukturierung des Unternehmens unumgänglich zu sein scheint.“ 

Mittelfristig erwartet SWISS bei der Gesamtnachfrage einen strukturellen Rückgang von 20 Prozent. Das bedeutet, dass sich SWISS mittels des strategischen Programms reaCH entsprechend der veränderten Marktsituation ausrichtet. Dieses beinhaltet u.a. die Verkleinerung des Unternehmens und Transformation, wodurch etwa 500 Mio. Schweizer Franken (CHF), das sind rund 456 Mio. Euro, eingespart werden sollen. Ziel ist es, den Bankenkredit zeitnah zurückbezahlen und die Wettbewerbs- und Investitionsfähigkeit nachhaltig sicherstellen zu können. 

Weniger Flugzeuge. Die Flotte von 90 eigenen und den im Auftrag für SWISS operierenden Flugzeugen von Helvetic Airways (Wetlease) wird an den Nachfragerückgang angepasst und voraussichtlich um 15 % gegenüber 2019 verkleinert. Auf der Kurz- und Mittelstrecke würde sich die Anzahl Flugzeuge durch die Ausflottung von Maschinen der A320-Familie und der Reduktion im Wetlease-Bereich demnach von 69 auf 59 reduzieren. Im Langstreckenbereich beabsichtigt SWISS die Flotte von 31 auf 26 Jets zu verkleinern. Dabei würden fünf Flugzeuge aus der Airbus-Familie außer Betrieb genommen werden. Infolge der rückläufigen Nachfrage müssen sowohl auf der Kurz- und Mittelstrecke als auch im Langstreckenbereich die Frequenzen gegenüber 2019 voraussichtlich reduziert werden. Zudem würden einzelne interkontinentale Direktverbindungen vorerst nicht mehr aufgenommen werden können. Die vom Schweizer Bund im Zusammenhang mit dem verbürgten Bankenkredit eingeforderte standortpolitische Auflage, das Flugangebot von SWISS proportional zu demjenigen der Lufthansa Group Airlines zu entwickeln, würde dabei eingehalten.

Massiver Arbeitsplatzabbau. Die beabsichtigte Verkleinerung der Flotte und die Einleitung weiterer Maßnahmen würden sich auch auf den Personalbestand auswirken. Bis Ende 2021 wird SWISS bereits mehr als 1.000 Vollzeitstellen (FTE) durch natürliche Fluktuation und freiwillige Kündigungen abgebaut haben, ein weiterer Personalabbau ist aber voraussichtlich dennoch nicht zu vermeiden. Im Rahmen der beabsichtigten Verkleinerung des Unternehmens könnten bis zu 780 Mitarbeitende (650 Vollzeitstellen (FTE)) betroffen sein, davon rund 200 beim Bodenpersonal, 60 in der Technik, 400 beim Kabinenpersonal und 120 im Cockpit. Die Reduzierung dieser insgesamt rund 1.700 Vollzeitstellen (FTE) würde einem Personal-Minus von über 20 % gegenüber 2019 entsprechen. Unabhängig davon soll es für die Verbleibenden weiterhin Kurzarbeit geben. Vranckx glaubt, dass SWISS dank der unpopulären Maßnahmen gestärkt aus der Krise herauskommen kann.

Konsultationsverfahren eingeleitet. Gemeinsam mit den Sozialpartnern, den Beschäftigten und deren Vertretungen soll bis Mitte Juni nach weiteren Lösungen gesucht werden, um die betriebsbedingten Kündigungen so niedrig wie möglich zu halten und den Stellenabbau sozialverträglich zu gestalten. Damit wäre auch die politische Auflage im Zusammenhang mit dem Bankenkredit erfüllt. Für alle Personalkörper – außer für das Cockpitpersonal – bestehen bereits Sozialpläne. Da der heute gültige Gesamtarbeitsvertrag für das Cockpitpersonal einen Kündigungsschutz beinhaltet, muss aufgrund des strukturellen Personalüberhangs mit dem Berufsverband Aeropers eine Lösung am Verhandlungstisch gefunden werden.
SWISS will an ihren beiden Standorten am Hub Zürich und in Genf festhalten. Auch die Premiumpositionierung bleibt bestehen. So wird SWISS entgegen vielen anderen Airlines beispielsweise auch in Zukunft auf allen Langstreckenflügen eine First Class anbieten.

Zu reaCH gehörr eine noch stärkere Ausrichtung des Geschäftsmodells auf Nachhaltigkeit und ein Strukturwandel in der Arbeitswelt. Dies beinhaltet insbesondere die kontinuierliche Modernisierung der Flotte, den Einsatz von nachhaltigem Treibstoff (Sustainable Aviation Fuel) und die Weiterentwicklung des intermodalen Verkehrs. Mit neuen Arbeitsmodellen und der Einführung von „agilen Unternehmensstrukturen“ sollen die Möglichkeiten der  fortschreitenden Digitalisierung genutzt werden. Die Zusammenarbeit innerhalb der Lufthansa Group wird weiter intensiviert und Synergiepotenziale erschlossen. Auch die Kooperation mit der Schwestergesellschaft Edelweiss wird vorangetrieben. Quelle: SIWSS / DMM