Bahn plant Reaktivierung einiger weniger stillgelegter Schienenwege

In den letzten 60 Jahren herrschte zunächst auf weestdeutscher, nach der Vereinigung auch auf ostdeutscher Seite eine wahre Kahlschkagpolitik. Zig Tausende Kilometer Schienenwege wurden stillgelegt und der Verkehr auf die Straße verlagert. Heute steht ganz Deutschkand durch den überbordenden Lkw-Verkehr (mehr als 8 Mio. der Brummis verstopfen Autobahnen, Bundes- und Landstraßen sowie und städtische Regionen) vor dem Verkehrsinfarkt. Nun will die Deutsche Bahn (DB) 20 Eisenbahntrassen mit einer Länge von 245 km für den Bahnbetrieb reaktivieren. Bei den Bahnlinien handelt es sich um einen ersten Teil zuvor stillgelegter Trassen, auf denen künftig wieder Personen- oder Güterverkehr stattfinden soll.

Ein Expertenteam der DB hatte in den vergangenen Monaten ein Streckenportfolio in ganz Deutschland mit insgesamt rund 1.300 km Länge ermittelt, für das verkehrliches Potenzial besteht. Bei einem Großteil lohnt sich bei Abwägung von Kosten und Nutzen die Wiederinbetriebnahme. Die DB stellte ihre Pläne am Dienstag, 22. Juni 2021, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Branchenverbänden Allianz pro Schiene und dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) in Berlin vor.

Dirk Flege, Geschäftsführer Allianz pro Schiene: „Die Reaktivierung stillgelegter Strecken steht für das Comeback der Schiene in der Fläche und damit für einen klimafreundlicheren Verkehrsmix. Die nächste Bundesregierung ist gefordert, die Hürden für weitere Reaktivierungen zu senken. Die bisherigen Bewertungskriterien ignorieren die sozialen Aspekte einer Schienenanbindung und berücksichtigen zu wenig die Umweltvorteile des Schienenverkehrs.“

Über Streckenreaktivierungen entscheiden Bund, Länder und Aufgabenträger für den Nahverkehr gemeinsam mit der DB. Analyse und Bewertung der potenziellen Strecken erfolgten im engen Austausch mit den Partnern. Die DB berät weiterhin bei Machbarkeitsstudien und Planung – auch bei der Wiederbelebung von Strecken, die anderen gehören. Diese machen knapp zwei Drittel der identifizierten Strecken aus.

Pro Bahn Statement. Zu der von der Deutschen Bahn und den beiden Bahnverbänden VDV und Allianz pro Schiene am Dienstag, 22. Juni 2021, vorgestellten ersten Tranche von bundesweit 20 Streckenreaktivierungen, die auch die Reaktivierung der Höllentalbahn (Blankenstein-Marxgrün) und den Werrabahnlückenschluss (Eisfeld-Coburg) enthält, erklärt der PRO BAHN Landesverband Thüringen: "Dass die Deutsche Bahn die Höllentalbahn und den Werrabahnlückenschluss bereits in der ersten Tranche von Streckenreaktivierungen aufgenommen hat, ist eine gute Nachricht für den Nahverkehr in Thüringen.

Für zwei wichtige Reaktivierungsvorhaben zwischen Thüringen und Bayern, für die seit Jahrzehnten gekämpft wird, gibt es jetzt weiteren Rückenwind aus Berlin. Nunmehr kommt es darauf an, dass beide Vorhaben zügig zur Baureife gebracht werden. Thüringens Verkehrsminister Hoff und seine bayerische Amtskollegin Schreyer müssen für beide Projekte nun die Signale auf Fahrt stellen. Konkret heißt das, dass die Planung der Vorhaben endlich beauftragt werden muss. Eindeutig im Vorteil ist die Höllentalbahn, da hier die gewidmete Bahntrasse noch vollständig erhalten ist. Mitte Juli will das thüringische Verkehrsministerium ein Gutachten zur Vereinbarkeit mit den Belangen des Umwelt- und Naturschutzes vorstellen, so dass danach weitere Schritte zur Reaktivierung der Höllentalbahn zeitnah veranlasst werden können.
Zeitaufwendiger wird die Reaktivierung der Werrabahn, da hier erst nach einem Raumordnungsverfahren eine Vorzugsvariante für den Lückenschluss zwischen Thüringen und Oberfranken ausgewählt werden kann. Die Einleitung des Raumordnungsverfahrens für den Werrabahnlückenschluss muss daher umgehend vorbereitet und begonnen werden

Außerordentlich günstig sind die Förderbedingungen durch den Bund. Seit Frühjahr 2020 fördert der Bund Streckenreaktivierungen mit bis zu 90 % über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz bzw. das GVFG-Bundesprogramm. Auch die Mittelausstattung des Programms hat der Bund im vergangenen Jahr auf jährlich 1 Mrd. Euro verdreifacht. Am Geld für die Infrastruktur werden die Streckenreaktivierungen daher nicht scheitern.

Mehr als 30 Jahre nach Öffnung der innerdeutschen Grenze und nach unzähligen Resolutionen und Appellen sind beide Lückenschlüsse im Schienennetz zwischen Thüringen und Franken überfällig. Der 22. Juni 2021 muss ein Wendepunkt in der Diskussion sein: Es geht fortan nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie und Wann der Reaktivierung von Höllental- und Werrabahn." Quelle: DB / Pro Bahn / Allianz pro Schiene / VDV