Bahnstolz statt Flugscham

Im von der Klimadebatte geprägten Jahr 2019 dürfte immer mehr Menschen klargeworden sein, dass mehr Verkehr auf die Schiene verlagert werden muss, wenn sich bei den Emissionen im Verkehr endlich etwas bewegen soll. Mit ihrer erklärten Absicht, die Fahrgastzahlen in zehn Jahren verdoppeln zu wollen, ist es nicht zuletzt die DB selbst, die diese Hoffnung nährt, so der VCD. Bahnstolz statt Flugscham?

Das Problem mit dem Bahnstolz: Mit der Klimarettung ist es bei der Bahn anders als sie und der Bund es darstellen, nicht sehr weit her. So wird die beabsichtigte Einführung eines Deutschland-Takts nach Schweizer Vorbild angesichts des seit Jahrzehnten laufenden Abbaus der Gleisinfrastruktur geradezu konterkariert. Umfasste das Schienennetz 1994 noch 44.600 Schienenkilometer, so sorgten wahnwitzige Bahnmanager seitdem für den weiteren Abbau von 11.200 km Schienen. Künftig will der Bund deutlich mehr Geld für den Erhalt und die Sanierung des nur noch 33.400 km umfassenden Schienennetzes ausgeben.U.a. wurde und wird immer noch die Zahl der Weichen halbiert und viele Überholgleise existieren nicht mehr. Kommt es zu Störungen oder Umleitungen durch Baumaßnahmen, fehlen sofort die dann notwendigen Kapazitäten, um den Verkehr flexibel zu disponieren und Züge auch mal außerplanmäßig zu überholen, um zum Fahrplan zurückzukehren.

Heute hat die Deutsche Bahn keine Infrastrukturreserven mehr, weil geistig umnachtete Bahnmanager beim Rückbau der Gleisanlagen zu weit gegangen sind und Personal zu stark reduziert haben. Damit sind pünktliche Züge auf den überlasteten Strecken zur Ausnahme geworden. Ein Deutschland-Takt kann deshalb nur dann funktionieren, wenn das Schienennetz deutlich leistungsfähiger und robuster wird. Indes steht für die Reaktivierung, den Aus- und Neubau von Strecken in den kommenden Jahren aber weniger Geld zur Verfügung als zuletzt, während der Etat für den Neubau von Bundesfernstraßen weiter steigt.

Für ein schlüssiges Gesamtsystem Deutschland-Takt müssen u.a. auch einige der angedachten Großprojekte passen: So ist die Beschleunigung der Strecke Ruhrgebiet-Berlin mit einer Neubaustrecke Bielefeld-Hannover geplant, ein Fernbahntunnel unter dem Hauptbahnhof von Frankfurt/M. hindurch, der Aus- und Neubau der Strecke Mannheim-Frankfurt-Fulda und die Beschleunigung Würzburg-Nürnberg mittels Aus- und Neubaustrecke auf eine Fahrzeit von knapp 30 Minuten. Viel wichtiger aber ist die Ertüchtigung des Gesamtnetzes für größere Verkehrsströme und zur Bewältigung der in Deutschland auf nur zwei Gleisen fahrenden Züge im Nah-, Fern- und Güterverkehr. Alle fahren mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Haktesystemtaktiken. Quelle: VCD / DMM