BER-Eröffnung 2020 wohl unmöglich

Sieben Jahre nach der geplatzten Eröffnung des Berliner Flughafens BER bedrohen schwere Sicherheitsmängel die für 2020 geplante Inbetriebnahme. Im gesamten Gebäude des Fluggastterminals wurden demnach auch Kabeltrassen mit Dübeln verbaut, die keine erforderliche Brandschutzzulassung haben und ausgetauscht werden müssen, meldete das ARD-Magazin Kontraste. In einer Stellungnahme vom 10. Mai 2019 wiederspricht die FBB den Darstellungen des ARD-Magazins.

Das ARD-Magazin Kontraste berichtet über weitere massive Baumängel am BER. Die FBB widerspricht. Foto: BER

BER diese drei Buchstaben stehen für ein Flughafengewordenes Riesendesaster. Seit genau sieben Jahren sollte er bereits fertig sein. KollegInnen von Kontraste und rbb24 haben das neue Desaster am mutmaßlich teuersten  Flughäfen weltweit, dem Berliner Airport Berlin Brandenburg (BER) aufgedeckt.  – bezahlt vom Steuerzahler in ganz Deutschland. Obwohl der Baubeginn inzwischen über zwölf Jahre zurückliegt, ist der BER bis heute nicht in Betrieb. 2011 sollte er eigentlich eröffnen. Gut 2 Mrd. Euro kalkulierte die Politik damals. Mit jedem geplatzten Eröffnungstermin erhöhten sich die Ausgaben auf heute schon 7,3 Mrd. Euro. Den Wahnsinn bezahlt der Steuerzahler.  Nun soll der Flughafen 2020 eröffnen, beharrt Engelbert Lütke Daldrup, Geschäftsführer der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB). Er hat sehr viel Zuversicht, dass der Inbetriebnahmetermin Oktober 2020 eingehalten werden kann. Laut den Terminplänen der Flughafengesellschaft stehen jetzt nur noch Überprüfungen und Tests an.

Doch nach Kontraste-Recherchen droht das Großprojekt wieder zu einer Baustelle zu werden. Massive Baumängel könnten eine planmäßige Inbetriebnahme verhindern. So verläuft Im ersten Untergeschoss des Terminals ein Tunnel mit gigantischen Kabelsträngen – der sogenannte Medienkanal – von ihm zweigen Trassen in andere Gebäudeteile ab.Laut Insidern gibt es ernsthafte Probleme mit dem Medienkanal. Der wurde schlicht falsch geplant. Der kann so nicht bleiben, wie es jetzt gebaut ist. Das Problem ist das Gewicht der ganzen Leitungen, aller Trassen. Die dafür verbauten Dübel können das nicht halten. Das ist alles im Brandschutzbereich. Brandschutz deswegen, weil da auch die ganzen Steuerleitungen sind - für die Sicherheitstechnik. Da darf natürlich nichts kaputt gehen."

Kilometerlang wurden in den Untergeschossen des Terminals diese Kabeltrassen verlegt, montiert an Wänden und Decken. Für viele der verwendeten Dübel  - auch für Metalldübel - gibt es laut dem Kontraste-Bericht keine bautechnische Zulassung für den Brandschutzbereich. Die Festigkeit gerade im Brandfall ist nicht gewährleistet. Und schon jetzt bereiten die Dübel Probleme. Sie sind ein Sicherheitsrisiko.

Kontraste liegen exklusiv Fotos aus Berichten des TÜV-Rheinland vor. Risse in Steinen und Tausende anderer Bausünden – wie der Einbau von  Kunststoffdübeln im Brandschutzbereich - werden auf über 500 Seiten dokumentiert. Ein Thema: Dübel aus Kunststoff - brennbar. Kürzlich erklärte ein TÜV-Experte im Untersuchungsausschuss zu Dübeln, diese seien "ein wesentlicher Mangel. Weil die Trassen im Brandfall herunterfallen würden und damit wären Menschen in Gefahr.“

Werden Leitungen beschädigt, könnten Alarmanalagen, Notstrom oder Sprinkleranlagen ausfallen. Unter Umständen wäre im Notfall eine Evakuierung des Terminals unmöglich. Obwohl immer wieder versichert wurde, dass der Bau längst fertig sei – deutet sich nun an, dass eine Inbetriebnahme völlig in den Sternen steht. Ein Interview mit den Verantwortlichen der Flughafengesellschaft wurde dem ARD-Magazin verweigert. Stattdessen kam ein Schriftstück, in dem es heißt, es seien handelsübliche Dübel benutzt worden.

Über das Tagesaktuelle hinaus, protokollierte der TÜV tausende wesentliche Mängelgruppen. Alleine im Bereich der Trassen sind es in Summe: 9.357. Jeder einzelne Mangel verbietet eine Inbetriebnahme des Flughafens.

Ein Mitglied des BER-Sonderausschuss: „Die Geschichte des BER ist ja nun sozusagen eine von Manipulation, Lug, Betrug und Vertuschung. Leider haben die Verantwortlichen immer noch nichts gelernt. Die Geschichte zeigte, alles was man versucht zu vertuschen kommt am Ende doch irgendwie ans Licht.“
Hinter dem Großprojekt stehen der Staat, die Steuerzahler. Und zwar aus Brandenburg, Berlin und dem Bund – Brandenburg und Berlin halten jeweils 37, der Bund 26 Prozent der Anteile. Letztlich verantwortlich sind Ministerpräsident Dietmar Woidke und Michael Müller, SPD und Andreas Scheuer, CSU. Der Bundesverkehrsminister mag nicht mit den Medien über die neuen Probleme am BER sprechen. Und der brandenburgische Ministerpräsident setzt auf die Flughafenmanager.

Die Flughafengesellschaft wiederum setzt auf das Landesamt für Bauen und Verkehr in Cottbus. Es ist formal zuständig für Sondergenehmigungen in Brandenburger Bauwerken. Landes Beamte sollen nun im Nachhinein die Dübel zulassen – eine Art LEX BER.

Stellungnahme des FBB zur Kontraste-Meldung vom 09. Mai 2019. In der Mitteilung der RBB-Abendschau bzw. von Kontraste wird behauptet, dass im Medienkanal des Fluggastterminals am BER aufwändige Rückbauten notwendig seien. Das ist falsch. Richtig ist, dass eine Kabelpritsche verbreitert werden muss. Hier sind auf ca. 40 Meter Länge Arbeiten am Tragsystem erforderlich. Diese Arbeiten werden bis Ende Mai abgeschlossen sein. Die Wirkprinzipprüfung und die Inbetriebnahme des BER im Oktober 2020 sind dadurch nicht betroffen oder gar gefährdet.

Auch die in der Mitteilung formulierte Behauptung, dass durch falsch verbaute Dübel die Eröffnung im Oktober 2020 gefährdet sei, ist ebenfalls nicht richtig. Richtig ist, dass grundsätzlich Metalldübel verbaut wurden. Mit den Dübeln selbst gibt es aus technischer Sicht gar kein Problem. Für die im BER von den Errichterfirmen verbauten Befestigungslösungen werden zum Teil noch sogenannte vorhabenbezogene Bauartgenehmigungen beantragt. Derartige Zulassungsverfahren sind bei Großprojekten mit einer überdurchschnittlichen Komplexität in der Gebäudetechnik üblich und wurden auch von der FBB schon oft durchgeführt. Die FBB hat zu den Fragen von RBB Kontraste ausführlich Stellung genommen. Falsch ist, man habe nur auf „Betriebsgeheimisse“ verwiesen. Quelle: Kontraste / FBB / DMM