Klage der Deutschen See GmbH gegen VW abgewiesen

Der Vorsitzende der 11. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig hat am 27. Oktober 2017 die Klage der Deutschen See GmbH auf Rückzahlung von Leasingraten sowie Wartungskosten in Höhe von etwa 12,5 Mio. Euro abgewiesen (Az. 11 O 274/17). Er habe nicht feststellen können, dass die VW AG die Klägerin bei den Vertragsverhandlungen rechtlich relevant getäuscht habe. Der Klägerin stehe daher kein Recht zu, die zwischen ihr und der VW Leasing GmbH geschlossenen Leasingverträge anzufechten.

Die Deutsche See GmbH hat in dem Zeitraum 2010 bis 2015 mit der Volkswagen Leasing GmbH 471 Leasingverträge geschlossen. Fast die Hälfte der geleasten Fahrzeuge waren mit einem Motor Typ EA 189 ausgestattet. Dieser Motor wird von einer Software gesteuert, welche die Stickstoff-Emissionswerte auf dem technischen Prüfstand optimiert. Konkret: Es geht um die bekannte Betrugssoftware, für die der VW-KOnzern in den USA allein um die 23 Mrd. Euro Strafzahlungen leisten und zahllose Fahruege zurücknehmen musste.

Die Deutsche See GmbH hat zur Begründung ihrer Klage ausgeführt, die VW AG habe im Rahmen der Vertragsverhandlungen im Jahr 2010 aktiv zu verstehen gegeben, die zu leasenden Fahrzeuge würden die in den USA geltenden strengeren Grenzwerte, zumindest aber die Grenzwerte nach EU 5 auf dem Prüfstand und im normalen Straßenverkehr nicht überschreiten.

Nach Auffassung des Gerichts ergibt sich weder aus der Darstellung der Vertragsverhandlungen noch aus der vorgelegten geschäftlichen Korrespondenz, dass das beklagte Unternehmen entsprechende Erklärungen ausdrücklich oder konkludent abgegeben habe. In diesem Zusammenhang sei insbesondere zu berücksichtigen, dass der Autohersteller nach den (abstrusen deutschen, Anmerkung der Redaktion) geltenden Vorschriften weder verpflichtet sei, die US-amerikanischen Vorgaben noch die hiesigen Grenzwerte außerhalb des Prüfstandes einzuhalten. Es habe nach Ansicht des Gerichts für die VW AG kein Grund bestanden, die Klägerin darüber aufzuklären, dass ein Teil der Fahrzeuge über die streitgegenständliche Software verfügen würde. Eine Aufklärungspflicht sei in diesem Fall weder gesetzlich normiert noch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben herzuleiten. Zum einen sei der Vertragszweck - die Nutzung der Fahrzeuge - durch den Einbau der Abschalteinrichtung nicht gefährdet.

Zum anderen sei für die Beklagten - was auch aus deren Korrespondenz folge - nicht ersichtlich gewesen, dass für die Klägerin das Thema „Nachhaltigkeit" mehr als nur einer von weiteren Nebenaspekten dargestellt habe. Der Richter sah überdies keinen Anlass, die Leasingraten - wie von der Klägerin hilfsweise gefordert - im Wege der Vertragsanpassung nach den Regeln der Störung der Geschäftsgrundlage rückwirkend zu reduzieren. Dem seitens der Klägerin insoweit angeführten Gedanken der Nachhaltigkeit lasse sich letztlich nicht durch einen reduzierten Leasingbetrag begegnen. Dem Grundsatz der Störung der Geschäftsgrundlage komme kein Strafcharakter zu.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig; gegen die Entscheidung kann Berufung eingelegt werden. Quelle: Landgericht Braunschweig, Urteil vom 27.10.2017, Az. 11 O 274/17 / DMM